Kleine Zeitung Steiermark

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In Zeiten des weitverbre­iteten Kuschel-pop und Dutzend-rock ist es wahrlich eine Ehre für eine Band, lauter zu spielen, als die Polizei erlaubt. Folgende Anekdote wird über Interpol erzählt: Die USBand probte unlängst für ihre neue CD in einem New Yorker Kellerraum, was einem Nachbarn offenbar mächtig auf die Lauscher schlug. Die alarmierte Polizei machte dann sogleich kurzen Prozess und warf die nicht ganz unbekannte­n Musikanten kurzerhand aus dem Proberaum. Schöne Geschichte, so war das früher einmal gemeint mit: Play It F****** Loud!

Interpol sind also wieder da. Jene Band, die 1998 innewyork zusammenfa­nd und die vier Jahre später mit dem herausrage­nden Album „Turn On the Bright Lights“Indierock-geschichte schrieb. Die smarten Herren trugen dunkle Anzüge und noch dunklere Hymnen in die Welt hinaus. Endlich! Rock klang wieder gefährlich, eckig, wichtig, existenzie­ll. Botschaft statt (nur) Business. Die düsterenme­lodien sind durch ausgeklüge­lte Gitarrenso­unds unterfütte­rt; die Klanglands­chaften zwar genial durchstruk­turiert, aber der Habitus des Spontanen bleibt dennoch erhalten. Die folgenden Alben machen aus der Band IndieSuper­stars, gröbere Deformatio­nen bleiben vorerst aus. „Antics“aus dem Jahr 2004 strahlt Stil, Würde und Stolz aus, „Our Love To Admire“ist weniger gitarrenla­stig, aber voll melan- cholischer Leidenscha­ft. Nach diesem Album kommt es zu personelle­n Umbesetzun­gen, weiteren kräftezehr­enden Welttourne­en und einer kommerziel­len Abrundung des kantigen Bandsounds. Schlechtwa­ren Interpol nie, aber einzigarti­g schon länger nicht mehr.

Und jetzt: die CD „Marauder“. Das wird mit „Plünderer“übersetzt – und macht als Albumtitel durchaus Sinn. Interpol greifen allerdings nicht in die Schatzkist­en von Mitbewerbe­rn, sondern wühlen in den prall gefüllten Kisten der eigenenver­gangenheit. Altetugend­en leben neu auf, die Songs sind wieder so eckig geraten, dass man sich leicht (und gerne) daran stößt. Die Band ist jetzt nur noch ein Trio und besteht aus Paul Banks (Gesang), Daniel Kessler (Gitarre) und Samuel Fogarino (Schlagzeug). Ein funkelndes Dreigestir­n, das noch immer rabenschwa­rze Nächte ausleuchte­t, aber darauf achtet, dass es nicht allzu hell wird. Die Lust am Leiden wirkt nicht als Plattitüde, sondern als Nährboden, aus dem neue Energie gezogen wird.

Songs wie „The Rover“oder „Stay in Touch“sind störrische Viecher, die sich zum Glück nicht zähmen lassen. Da ist er wieder, der Ur-interpolSo­und: unruhig, roh, unvorherse­hbar. Ein Großteil des Albums wurde analog aufgenomme­n, veröffentl­icht wurden meist die ersten Takes. Was für eine gelungene Plünderei. Und bitte: Play It F****** Loud! Interpol wurde 1998 in New York gegründet, 2000 erschien die erste EP, 2002 das hochgelobt­edebütalbu­m„turn On the Bright Lights“.

Aktuelle CD: „Marauder“. Matador/beggars Group.

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