Unsere Bäume tragen schwer am Klimawandel
Ob Fichten, Eichen oder Obstbäume: Sie alle sind heuer übersät mit Früchten. Eine Stressreaktion, die schwere Folgen haben könnte.
Johannes Gepp kann kaum fassen, was er seit Wochen beobachtet. „So etwas habe ich in 50 Jahren noch nie gesehen, das ist ein absolutes Alarmsignal. Die Natur gerät aus dem Lot“, sagt der Ökologe und Präsident des steirischen Naturschutzbundes. Grund der Aufregung: In weiten Teilen Mitteleuropas, von Bayern über Tirol bis in die Steiermark, tragen die Bäume heuer an einer so schweren Last wie seit Jahrzehnten nicht. Blüten, Zapfen und Früchte hängen in dichten Büscheln an den Ästen, lassen stellenweise Wipfel und Stämme brechen.
Grundsätzlich sind Jahre mit hohem Fruchtanteil auf den Bäumen nicht ungewöhnlich. Günter Pilch
Mastjahre nennt man sie gemeinhin, weil einst zu diesen Zeiten die Schweine zur Mast in die Wälder getrieben wurden. Wie häufig solche Jahre auftreten, variiert in der Regel von Baumart zu Baumart. Allerdings: „Dass die Bäume flächendeckend und dermaßen stark fruchten, das hat es überhaupt noch nie gegeben“, sagt Gepp. Die Situation hatte sich bereits im Frühjahr mit gut zu beobach- tenden Pollenwolken angekündigt. Jetzt färben sich Rotbuchen durch Zehntausende Bucheckern-kapseln braun, Fichten biegen sich unter teils 1400 Zapfen, Stieleichen tragen bis zu 6000 Eicheln, bilden oft mehr Früchte als Blätter aus.
Der herbstliche Früchterekord auf wilden Bäumen dürfte Schnapsbrenner oder Freunde von Streuobst freuen. Doch Ökologen bereitet er Kopfzerbrechen. Es handelt sich laut Gepp nämlich um ein Stresssignal der Bäume. „Die klimawandelbedingten Spätfrosteinbrüche der letzten Jahre und die darauffolgenden trockenen Sommer durch veränderte Großwetterlagen haben die Bäume unter starken Druck gesetzt. Sie reagieren jetzt darauf, indem sie ihre ganze Kraft in die Fruchtbildung und damit in die Ver-