Der Abschied des Entertainers
Er weiß sich zu schätzen: Michael Häupl, Wiens Bürgermeister seit 23,5 Jahren, litt nie an Minderwertigkeitsgefühlen. „Ihr könnt einen von diesen Blödeln wählen, aber ihr müsst wissen, was ihr tut“, sagte er 2008 in einem der vielen Wahlkämpfe, die er nicht mochte, aber doch mit Volleinsatz ausfocht. Zeiten fokussierter Unintelligenz seien das, hatte der Wortgewaltige einmal formuliert und das geflügelte Wort selbstironisch auch auf sich selbst bezogen.
Michael Häupl war der SPÖ, was Erwin Pröll der ÖVP bedeutete. Beiden lag das Los ihres Bundeslandes näher als das der Bundespartei. Beide fanden es natürlich, dass ihr Wille geschah. Erwin Pröll setzte Parteichefs und Minister nach Bedarf ein und ab, Michael Häupl hielt es ähnlich. Kein Wunder, dass die beiden gerne zusammen einen hoben. „Spritzwein“nennt Häupl das Getränk seiner Wahl.
Unvergessen, wie Häupl seine Partei einst zwang, für ein Berufsheer einzutreten, obwohl sie seit Menschengedenken für die allgemeine Wehrpflicht focht. Es schien ihm dienlicher für seinen Wahlkampf, also verkündete er die neue Linie – in der „Kronen Zeitung“. Das genügte der einst stolzen Partei. Widerspruchslos zog sie mit der neuen Parole in die Niederlage.
Dass ihm die vergleichsweise bedeutungslosen Sp-chefs der Bundesländer einen neuen Parteiobmann vor die Nase setzten, erwischte den Patriarchen 2016 auf dem falschen Fuß. Sein Kandidat saß gerade im Flugzeug, als die Faymannnachfolge zu klären war. Früher wäre ihm das nicht passiert. Dass ihn die eigenen Leute zum Abdanken nötigen wollten, empfand er spürbar als Majestätsbeleidigung. Noch einmal kämpfte er sich frei, musste aber einen Termin für die Abdankung nennen. Ein unwürdiger Abschiedskampf eines verdienten Recken.
Die nun kommen werden, nennt Häupl „trockene Managertypen“. Sich selbst reihte er eher ins Showbusiness ein: „Wir Entertainer sterben aus“, sagte er schon 2012. Es wird fader werden auf der politischen Bühne.