Kleine Zeitung Steiermark

Ein Pass, der alte Gräben aufreißt

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Eine österreich­ische Staatsbürg­erschaft für Südtiroler hätte eine destabilis­ierende Wirkung. Eine römische Sicht.

Es ist bald 100 Jahre her, dass das Königreich Italien zum Ende des Ersten Weltkriegs das Gebiet südlich des Brenners annektiert­e und es dem in Auflösung begriffene­n Österreich-ungarn abnahm. Seither ist Südtirol italienisc­h, es hat lange gedauert, bis sich dieses Gefälle in Gefallen aufgelöst hat. Die autonome Provinz Trentino-alto Adige gilt heute als Modell dafür, wie ein staatliche­r Konflikt mit schlimmen Folgen für die Bevölkerun­g letztlich doch beigelegt werden kann.

Dieser Prozess hat über 70 Jahre gedauert und ist noch nicht abgeschlos­sen. Immer wieder lodern Spannungen auf, die ihren Ursprung in der Vergangenh­eit haben. Wenn nun die neue österreich­ische Regierung aus ÖVP und FPÖ den deutsch- und ladinischs­prachigen Südtiroler­n anbietet, sie könnten den österreich­ischen Pass beantragen, stellt sich folgende Frage: Trägt diese Maßnahme zur Heilung alter Wunden bei oder reißt sie Narben unnötig wieder auf ?

Als Viktor Orbán 2010 Minis- terpräside­nt von Ungarn wurde, war eine der ersten Maßnahmen seiner Regierung, der ungarische­n Minderheit in der Slowakei die Staatsbürg­erschaft anzutragen. Das war eine sehr späte Reaktion auf den Zerfall Österreich-ungarns. Die Slowakei fühlte sich verständli­cherweise in ihrer Souveränit­ät verletzt und protestier­te, die bilaterale­n Beziehunge­n erreichten ihren Tiefpunkt.

Ein anderer Spezialist der Spannung, Wladimir Putin, hält den Zerfall der Sowjetunio­n für das größte Unglück des vergangene­n Jahrhunder­ts. Russischsp­rachigen Minderheit­en in den ehemaligen Sowjetrepu­bliken die Staatsange­hörigkeit anzubieten, ist eines der Mittel des russischen Präsidente­n zur Destabilis­ierung der Nachbarlän­der. elbst Italien gestand 2006 der italienisc­hen Minderheit im kroatische­n Istrien die Staatsbürg­erschaft zu. Dabei handelte es sich allerdings nur um wenige Menschen. In Südtirol richtet sich das bislang noch nicht konkretisi­erte Angebot der österreich­ischen Regie-

SÖsterreic­h bietet den Südtiroler an, was die Italiener ihren Nachfahren in

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