Wie sich die Schleier lichten sollen
Am Sonntag tritt das Verhüllungsverbot in Kraft, Polizei und Touristiker bereiten sich vor. Auch an Warnungen fehlt es nicht.
Ab Sonntag soll es keine vollverschleierten Frauen mehr auf Österreichs Straßen geben. Denn ab 1. Oktober tritt das Verhüllungsverbot in Kraft, auch Burkaverbot genannt. Eigentlich hatten SPÖ und ÖVP mit dem Gesetz vollverschleierte Muslimas im Sinn. Da ein Verbot von konservativ-islamischer Kleidung allein jedoch rechtlich problematisch wäre, wurde das Gesetz „religionsneutral“formuliert. Neben Burka, Nikab oder Ähnlichem (siehe Grafik) sind ab Sonntag auch das Tragen von Clownmasken außerhalb des Faschings und Schals vor dem Mund verboten – sonst drohen 150 Euro Strafe.
Die Vorbereitungen auf das Verbot laufen auf Hochtouren. Da der Großteil der Burkaträgerinnen Touristen sind, hat das Innenministerium bereits mehrsprachige Informationsbroschüren an Botschaften und internationale Organisationen verschickt. Und auch Reiseveranstalter wie Eurotours legen Infoblatt ab jetzt „allen relevanten Buchungen“bei.
Das neue Gesetz bringt auch Änderungen für Flughafenbeamte mit sich – wenn auch geringe, wie Innenministeriumssprecher Karl-heinz Grundböck erklärt. „Bereits jetzt wird bei der Einreise überprüft, ob Passinhaber und Pass ident sind“, erklärt er. Das geschieht, indem verschleierte Frauen in einen Raum begleitet werden, wo sie ihre Verhüllung ablegen müssen. Neu ist, dass sie sich nach dem Zeigen des Gesichtes nicht wieder verhüllen dürfen. Über das Verbot werden Betroffene ab Sonntag aufgeklärt, mündlich oder per Infoblatt.
Auch in der Wiener Kärntner Straße dürfte die Polizei bald einiges zu tun haben. Denn hier tummeln sich bisher zahlreiche vollverschleierte Touristinnen. Die Tourist-info, Außenstelle des Wien Tourismus, liegt hier nur einen Steinwurf entfernt. Dass die Mitarbeiter dort bald auch über das Verschleierungsverbot informieren, hält Walter Straßer, Unternehmenssprecher des Wien Tourismus, für unwahrscheinlich. „Die Gäste wurden ja schon am Flughafen informiert und auch Hoteliers kommunizieren das Verbot.“Trotzdem werden Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht.
Auch das Tragen von Atemschutzmasken ist ab Sonntag verboten. Ausnahmen sind gesundheitliche Gründe oder Smog-alarm. Das dürfte vor allem asiatische Touristen treffen, ein Infoblatt in ostasiatischen Sprachen wurde jedoch nicht produziert. Laut Innenministerium vertraue man hier auf Englisch als Verständigungssprache. Straßer rechnet hier mit besonderer Polizei-kulanz.
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Negative Konsequenzen befürchten nicht nur viele Hoteliers, sondern auch der Generalsekretär der Österreichisch-arabischen Handelskammer, Mouddar Khouja. „Solche Verbote hinauszuposaunen, sorgt für schlechte Stimmung und die können wir für den Handel nicht brauchen.“Vorrangig rechne er aber mit Auswirkungen auf den Tourismus. „Das war in Frankreich und der Schweiz zu beobachdas ten. Als die Verbote dort diskutiert oder eingeführt wurden, vermieden arabische Familien diese Länder.“Noch komme das österreichische Verbot laut Khouja nicht in arabischen Medien vor. Tritt es jedoch in Kraft, werde sich das ändern.
Dass das Urlaubsland Österreich für Verstimmungen sorgen kann, zeigte sich bereits 2014. Damals wurde eine Art „Knigge“in der bei arabischen Touristen besonders beliebten Urlaubsregion Zell am See – Kaprun herausgegeben und diesen in die Hand gedrückt. Man würde sich freuen, wenn man sich der Gewohnheit der Einheimischen anschließt, einander ins Gesicht zu blicken, war darin zu lesen. In Saudi-arabien kam das nicht gut an. Die Broschüre ging laut einem Kenner des arabischen Raums durch die dortigen Medien, Touristen reagierten verschnupft und sahen von Reisen nach Österreich kurzfristig ab. Die Hoffnung, dass Arabern die heimische Verschleierungsdiskussion egal ist, „ist also leider nicht richtig“, erklärt Generalsekretär Khouja.