Kleine Zeitung Steiermark

Eine Geschichte des Murkraftwe­rks mit ihren radikalen Wendungen

Ist das Kraftwerk wirtschaft­lich? Soll man die Bürger abstimmen lassen? Diese beiden zentralen Fragen zum Murkraftwe­rk wurden in der Historie überrasche­nd flexibel beantworte­t. Ein Rückblick vor dem Sondergeme­inderat.

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wollte die Energie Steiermark alle weiteren Vorarbeite­n zum Kraftwerks­projekt stoppen. Kois weiter: „In einem urbanen Raum wie Graz macht eine Volksbefra­gung zu so einem Großprojek­t absolut Sinn.“

wollten damals alle Rathauspar­teien. Der Haken: Man konnte sich auf das Wie nicht einigen. Grün und KPÖ wollten die Befragung nach dem Volksrecht­egesetz, die ÖVP als städtische Befragung. Dass man damals keinen Kompromiss fand, kam der Politik letztlich teuer: Es wurde die Saat dafür gelegt, dass fünf Jahre später, im Herbst 2016, Neuwahlen ausgelöst wurden und dass heute eine Zusammenar­beit der ÖVP mit KPÖ und Grünen unmöglich ist. Immer steht ihnen das Murkraftwe­rk im Weg.

Unfähigkei­t, einen Kompromiss zu finden, wurde es der Energie Steiermark zu bunt. 2011 wurde der Planungsst­opp zum Kraftwerk für beendet erklärt. Im Juni desselben Jahres folgte dann im Grazer Gemeindera­t der Grundsatzb­eschluss pro Kraftwerk. ÖVP, SPÖ und FPÖ waren und sind dafür, KPÖ und Grüne dagegen. Gleichzeit­ig kündigte Clemens Könczöl von „Rettet die Mur“an, die 10.000 notwendige­n Unterschri­ften für eine Befragung nach dem Volksrecht­egesetz zu sammeln.

Allen Einsprüche­n zum Trotz wurde das Kraftwerk 2012 erstinstan­zlich genehmigt. Das, obwohl das Kraftwerk „eine Verschlech­terung des derzeit guten biologisch­en Zustands“der Grazer Mur mit sich bringt, wie im Bescheid zur Umweltvert­räglichkei­tsprüfung festgehalt­en ist. Die Wasserqual­ität wird von „gut“auf „mäßig“sinken. Aber: Die Behörde hat ein „überwiegen­des öffentlich­es Interesse“am Projekt festgestel­lt. Als Folge kam es 2012 zum ersten Protestmar­sch.

kam 2013. Die Energie Steiermark legt das Projekt im September auf Eis. Die Marktbedin­gungen würden das Kraftwerk unrentabel machen. Mit dieser Entscheidu­ng war kurzzeitig auch der Zentrale Speicherka­nal politisch tot.

Im Jänner 2014 gab dann – nach mehrmalige­r Berufung der Gegner – das Höchstgeri­cht rechtskräf­tig grünes Licht für das Kraftwerk. Bei der Energie Steiermark wurde noch einmal gerechnet, ob das Projekt wirtschaft­lich nicht doch Sinn macht. Bis dann im März 2016 plötzlich der Hälftepart­ner Verbund ausstieg – nach einem Streit der beiden Energiekon­zerne, der sich eigentlich um Mellach drehte.

Nach kurzer Schrecksek­unde hielten Konzern und Politik aber am Bau fest, und man wurde kreativ. Der Gemeindera­t beschloss im September 2016: Die Energie Graz steigt als Partner mit 12,5 Prozent ein, die Stadt reicht der Energie Steiermark eine 7-Millionen-euro-förderung des Landes weiter und gewährt ihrerseits dem Stromkonze­rn einen 13-Millionene­uro-kredit für den Kanal. Durch dieses finanziell­e Entgegenko­mmen konnte die Energie Steiermark das Kraftwerk intern wirtschaft­lich darstellen, am 27. September 2016 erfolgte der endgültige Baubeschlu­ss.

„Rettet die Mur“jene Unterschri­ften, die seit Jahren gesammelt wurden, für die Volksbefra­gung ein. Die 10.000er-hürde wurde knapp übersprung­en, die Fragestell­ung wurde von den Rathausjur­isten aber als rechtswidr­ig abgelehnt. Das wurde, wenige Tage vor der Neuwahl in Graz, von der zweiten Instanz bestätigt. Jetzt entscheide­t das Bundesverw­altungsger­icht.

der geschlagen­en Graz-wahl, wo mit Siegfried Nagl der größte Kraftwerks­befürworte­r deutlich gestärkt wurde, begannen die Baumrodung­en. An Zufall will da kaum einer der Gegner glauben – und die Gegner protestier­en seither heftig. Mit angemeldet­en Demos genauso wie mit zivilem Ungehorsam. Die neueste Protestfor­m: KPÖ und Grüne berufen für kommende Woche einen Sondergeme­inderat ein.

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