Le Pen wünscht sich einen „Exit“für alle EU-Länder
Einen „Patriotischen Frühling“veranstaltete die FPÖ in Wien. Stargast war Marine Le Pen, die Chefin des Front National.
WIEN. In die etwas abgewohnte Tropenlandschaft der Glaspyramide in Vösendorf rief FPÖChef Heinz-Christian Strache seine Anhänger zum europapolitischen Frühlingsfest. Ein riesiger Adler dominierte die Bühne, weltweit beliebtes Symbol von Nationen. Deren Rettung will die FPÖ mit ihren Partnerparteien im Europaparlament vorantreiben. Wer könnte das besser erklären als Marine Le Pen, deren Front National die meisten Abgeordneten in der rechten Fraktion ENF stellt, der die FPÖ angehört. Die kämpferische und charismatische Französin schildert Europa als „komplettes Desaster“, eine „große föderalistische Technokratie“, deren Ziel es ist, die Völker „zum Verschwinden zu bringen“.
Pfiffe gegen Merkel
Gewerkschaften und Regierungen, die nur den „liberalen Dogmen“der EU gehorchten und so ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen könnten, kritisiert sie. Von der versprochenen Prosperität und Völkerfreundschaft sei keine Rede, sagt Le Pen und erntet Jubel unter den rund 2000 Gästen, die ihre Rede in Untertiteln mitlesen müssen.
Als Le Pen auf Angela Merkel zu sprechen kommt, übertönt ein Pfeifkonzert ihre Rede. Wegen ihrer Migrationspolitik „wenden sich die Völker anderen Ideen zu“, sagt Le Pen. Und zum möglichen Abschied Großbritanniens aus der EU sagte die Chefin des Front National: „Wir wollen, dass alle Völker diese Freiheit wiedergewinnen.“Vor allem Frankreich wünscht sie den Austritt, ihre Landsleute seien in der Mehrheit gegen die EU, schließt sie aus der Ablehnung des Lissabonner Vertrags in einer Volksabstimmung 2005.
Le Pen fürchtet, dass Frankreich in der EU an Bedeutung verlieren könnte: „Die Stimme Frankreichs soll in der Welt nicht verstummen.“Ihr Land solle in Zukunft der UNO, der Nato oder der gegenwärtigen US-Administration Widerstand leisten können, fordert sie in Anspielung auf die Politik von Charles de Gaulle, dessen Parole vom „Europa der Vaterländer“auch von Strache aufgegriffen wird. Jedes Land soll nur Verträge abschließen, die es abschließen wolle, ein „Europa à la carte“sollte so entstehen, forderte Le Pen, als wäre das jetzt nicht auch schon so.
Auch Strache, der bei der Pressekonferenz am Vormittag noch vorsichtiger formuliert hatte, definierte eine lange Liste von Dingen, die sich die europäischen Nationen seiner Ansicht nach erst wieder erkämpfen müssten: ihre Länder, die Demokratie, die Souveränität, sogar die Freiheit. Die Parole vom Europa à la carte, eigentlich ein Schimpfwort gegen Egoismen in der Union, griff er wohlwollend auf.
Neuer Wiener Kongress
Auch der Alternative für Deutschland räumte Strache Redezeit ein. Der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell griff die deutsche Kanzlerin frontal an: „Wie soll man ein Land lieben, das von Angela Merkel regiert wird?“Das Deutschland davor und das danach, ja, aber nicht dieses, sagt Pretzell. In Wien, so hofft er, werde ein neues Europa entstehen, wie einst auf dem Wiener Kongress, nur ohne dessen Schwächen.
Mit einem bombastischen, dröhnenden Zimmerfeuerwerk und einer Parade der Gäste aus neun Nationen auf der Bühne endet der Patriotische Frühling.