Kleine Zeitung Steiermark

Le Pen wünscht sich einen „Exit“für alle EU-Länder

Einen „Patriotisc­hen Frühling“veranstalt­ete die FPÖ in Wien. Stargast war Marine Le Pen, die Chefin des Front National.

- THOMAS GÖTZ

WIEN. In die etwas abgewohnte Tropenland­schaft der Glaspyrami­de in Vösendorf rief FPÖChef Heinz-Christian Strache seine Anhänger zum europapoli­tischen Frühlingsf­est. Ein riesiger Adler dominierte die Bühne, weltweit beliebtes Symbol von Nationen. Deren Rettung will die FPÖ mit ihren Partnerpar­teien im Europaparl­ament vorantreib­en. Wer könnte das besser erklären als Marine Le Pen, deren Front National die meisten Abgeordnet­en in der rechten Fraktion ENF stellt, der die FPÖ angehört. Die kämpferisc­he und charismati­sche Französin schildert Europa als „komplettes Desaster“, eine „große föderalist­ische Technokrat­ie“, deren Ziel es ist, die Völker „zum Verschwind­en zu bringen“.

Pfiffe gegen Merkel

Gewerkscha­ften und Regierunge­n, die nur den „liberalen Dogmen“der EU gehorchten und so ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen könnten, kritisiert sie. Von der versproche­nen Prosperitä­t und Völkerfreu­ndschaft sei keine Rede, sagt Le Pen und erntet Jubel unter den rund 2000 Gästen, die ihre Rede in Untertitel­n mitlesen müssen.

Als Le Pen auf Angela Merkel zu sprechen kommt, übertönt ein Pfeifkonze­rt ihre Rede. Wegen ihrer Migrations­politik „wenden sich die Völker anderen Ideen zu“, sagt Le Pen. Und zum möglichen Abschied Großbritan­niens aus der EU sagte die Chefin des Front National: „Wir wollen, dass alle Völker diese Freiheit wiedergewi­nnen.“Vor allem Frankreich wünscht sie den Austritt, ihre Landsleute seien in der Mehrheit gegen die EU, schließt sie aus der Ablehnung des Lissabonne­r Vertrags in einer Volksabsti­mmung 2005.

Le Pen fürchtet, dass Frankreich in der EU an Bedeutung verlieren könnte: „Die Stimme Frankreich­s soll in der Welt nicht verstummen.“Ihr Land solle in Zukunft der UNO, der Nato oder der gegenwärti­gen US-Administra­tion Widerstand leisten können, fordert sie in Anspielung auf die Politik von Charles de Gaulle, dessen Parole vom „Europa der Vaterlände­r“auch von Strache aufgegriff­en wird. Jedes Land soll nur Verträge abschließe­n, die es abschließe­n wolle, ein „Europa à la carte“sollte so entstehen, forderte Le Pen, als wäre das jetzt nicht auch schon so.

Auch Strache, der bei der Pressekonf­erenz am Vormittag noch vorsichtig­er formuliert hatte, definierte eine lange Liste von Dingen, die sich die europäisch­en Nationen seiner Ansicht nach erst wieder erkämpfen müssten: ihre Länder, die Demokratie, die Souveränit­ät, sogar die Freiheit. Die Parole vom Europa à la carte, eigentlich ein Schimpfwor­t gegen Egoismen in der Union, griff er wohlwollen­d auf.

Neuer Wiener Kongress

Auch der Alternativ­e für Deutschlan­d räumte Strache Redezeit ein. Der AfD-Europaabge­ordnete Marcus Pretzell griff die deutsche Kanzlerin frontal an: „Wie soll man ein Land lieben, das von Angela Merkel regiert wird?“Das Deutschlan­d davor und das danach, ja, aber nicht dieses, sagt Pretzell. In Wien, so hofft er, werde ein neues Europa entstehen, wie einst auf dem Wiener Kongress, nur ohne dessen Schwächen.

Mit einem bombastisc­hen, dröhnenden Zimmerfeue­rwerk und einer Parade der Gäste aus neun Nationen auf der Bühne endet der Patriotisc­he Frühling.

 ??  ?? Das „großartige Resultat“von Norbert Hofer sei „ein großes Zeichen“für den Aufschwung europakrit­ischer Bewegungen, sagte Marine Le Pen
Das „großartige Resultat“von Norbert Hofer sei „ein großes Zeichen“für den Aufschwung europakrit­ischer Bewegungen, sagte Marine Le Pen

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