DieMedienschlachtmachte nur die Kandidaten müde
Um 20.15 Uhr zeigt ORF 2 mit dem Duell den letzten TV-Höhepunkt des Wahlkampfes. Ein Rück- und Ausblick.
WIEN. Der angebliche Politikverdruss unter den Österreichern war in den letzten Monaten nicht zu spüren – im Gegenteil. Trotz des kleinen Fernsehmarktes zeigten drei Sender 40 WahlSendungen und angesichts der Quoten scheint keine davon zu viel. Puls 4 holte mit seiner Elefantenrunde 381.000 Zuseher, ATV mit dem unmoderierten Duell 447.000 (Senderrekord) und im ORF knackte die Konfrontation der Hofburgkandidaten am 21. März die Grenze von einer Million Zusehern. Auch heute darf der ORF von mehr als einer Million Zuschauern ausgehen. Bei Ingrid Thurnher sitzen sich Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen zum letzten Mal im TV-Studio gegenüber.
„Jeder in der Bevölkerung spürt: Diesmal geht es wirklich um etwas“, stellt Kommunikationsstratege Peter Plaikner in den letzten Wochen fest. „Die Nachberichte via Internet, Radio und Zeitung wirken für die TV-Quoten wie ein Turbo. Wobei das gedruckte Wort – was liegt, das pickt – nach wie vor am gewichtigsten für die Einordnung wirkt.“Und so viele Schattenseiten das Internet auch haben mag, es machte die Welt demokratischer: „Die Menschen haben das Gefühl, mehr denn je mitreden zu können – etwa über die 3,6 Millionen Facebook-Accounts in Österreich“, sagt Plaikner.
Wie Castingshows
Kritik setzte es an Sendungsteilen, in denen die Kandidaten bei Puls 4 Englischkenntnisse oder Tischmanieren beweisen mussten – da erinnerten Politikformate teils an Castingshows. Dem entgegnet Puls-4-Infochefin Corinna Milborn: „Für viele Wähler – mich zum Beispiel – ist es relevant, ob der höchste außenpolitische Repräsentant des Landes in der Lage ist, spontan einen Satz auf Englisch zu einem US-Abkommen zu sagen.“Bei ATV verzichtete man auf ähnliches, letztlich sogar auf die Moderation des Duells Hofer – Van der Bellen. Die Chance, sich in diesem Format staatstragend zu zeigen, haben auch nach ATVInfochef Alexander Millecker „beide verpasst“. Das Warum erklärt Plaikner: „Vier Monate Wahlkampf zehren an der Substanz. Die Kandidaten sind – auch einander – müde.“Trotz der Medienschlacht hat der klassische Wahlkampf für den Strategen nicht ausgedient: „Der persönliche Kontakt bei Hausbesuchen ist immer noch die wirkungsvollste Form der Ansprache. Doch das ist 1. eine Frage der Ressourcen und 2. eine Frage des Handwerks.“
Dass alles gesagt ist, glaubt Ingrid Thurnher wenige Stunden vor dem Duell im ORF nicht: „Drei Tage vor der Wahl ist der beste Zeitpunkt, um Positionen festzuzurren und Klarheit zu schaffen. Da ist Schluss mit Nebelgranaten und verbalen Girlanden, spätestens jetzt wollen Wähler wissen, wer wirklich wofür steht.“