Nach dem Gipfeltreffen
Proteste aus Berlin, Athen und Brüssel begleiteten den Balkangipfel. Am Abend sorgte ein Termin für Aufsehen: Die Regierung fand sich bei Bundespräsident Fischer ein.
Es gab keine Vorankündigung, dieses Treffen sollte offenbar fernab der Öffentlichkeit stattfinden. Und doch wurde am Abend bekannt, dass Bundespräsident Heinz Fischer die Regierungsspitze zu einer Aussprache geladen hatte. Gegen 19.45 Uhr trafen Kanzler Werner Faymann, Vize Reinhold Mitterlehner, Kanzleramtsminister Josef Ostermayer, Außenminister Sebastian Kurz, Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sowie Innenministerin Johanna MiklLeitner ein. Dazu Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Man gab sich zugeknöpft, wollte vor der Unterredung mit dem Bundespräsidenten keine Auskünfte geben.
„Ich bin kein Friseur“
Thema in der Hofburg war jedenfalls die neue österreichische Flüchtlingspolitik, kritisiert von der EU wie auch von anderen europäischen Staaten. Nach dem eineinhalbstündigen Gespräch gaben die Regierungsmitglieder keine Details bekannt, Kanzler Faymann betonte nur, das Treffen sei doch auf seine Initiative hin einberufen worden. Es sei „konstruktiv verlaufen“. Knapp war auch der Bundespräsident auf die Frage der Kleinen Zeitung, ob es für die Regierung eine Kopfwäsche gegeben habe: „Ich bin kein Friseur, deshalb gibt es von mir keine Kopfwäsche.“
Dem Vernehmen nach gab es doch heftige Diskussionen, allerdings – und das ist eher neu – nicht zwischen den Koalitionspartnern, die überraschend einig in der Flüchtlingskrise sind, sondern zwischen dem Staatsoberhaupt einerseits und der Regierung andererseits. Dass Österreich auf Kriegsfuß mit Deutschland, Griechenland, Italien, Brüssel steht, die EU Mahnschreiben angedroht hat, die Regierung eine Obergrenze ohne rechtliche Abklärung fixiert hat, soll Fischer nicht behagen.
Berlin schiebt Tausende ab
Österreich gerät indes in der Flüchtlingsfrage an einer zweiten Front massiv unter Druck. Bisher richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Südgrenze. Seit Jahresbeginn haben mehr als 11.000 Flüchtlinge, die in Spielfeld oder am Karawankentunnel heimischen Boden betreten haben, in Österreich um Asyl angesucht. Am Rande der gestrigen Westbalkankonferenz in Wien tauchte nun ein weiteres Problem auf: Nach Informationen der Kleinen Zeitung hat Deutschland allein seit 1. Jänner 5678 Flüchtlinge nicht ins Land gelassen, an der Grenze abgewiesen oder nach Österreich abgeschoben.
Etwa die Hälfte der von deutschen Behörden Zurückgewiesenen sind Afghanen, ein Viertel stammt aus Nordafrika, so das Innenministerium. Ein Teil sucht in Österreich um Asyl an – mit der Aussicht auf wenig Erfolg, andere tauchen in die Illegalität ab und