„Schlechter Hausfrau“droht das Gefängnis
Kaum zu glauben: Weil eine 42-jährige Italienerin ihren Mann nicht wunschgemäß bekocht, zeigte er sie an. Prozesslawine könnte folgen.
Sie verweigerte ihrem Ehemann das Schlafgemach, hörte auf, für ihn zu kochen und das Haus zu putzen. Nun muss sich eine 42-jährige Italienerin aus Sonnino, Provinz Latina, mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Gericht verantworten. Wie die römische Tageszeitung „La Repubblica“berichtet, habe der Staatsanwalt Klage wegen „Misshandlung der Familie“erhoben. Die zuständige Richterin Mara Mattioli hat die Klage akzeptiert und einen ersten Prozesstermin auf den 12. Oktober datiert. Sollte die Frau tatsächlich wegen der Vorwürfe verurteilt werden, droht ihr eine Haftstrafe zwischen zwei und sechs Jahren.
Gleiche Pflichten?
Was nach einer skurrilen Geschichte aus den 1950er-Jahren klingt, könnte bei einer Verurteilung der 42-Jährigen in Italien als Präzedenzfall eine Klageflut auslösen. In der knapp 7500 Einwohner zählenden Gemeinde in Mittelitalien zumindest scheint weiterhin eine längst überwunden geglaubte Form des Patriarchats zu regieren.
Anzeige bei Carabinieri
Dem anachronistisch anmutenden Rechtsakt ging die Anzeige des um sieben Jahre älteren Ehemannes voraus. Er war auf der örtlichen Carabinieri-Station der 8000-Einwohner-Gemeinde erschienen und hatte angezeigt, dass seine Frau ihm verweigere, seine Lieblingsleckerbissen zuzubereiten. Überdies sei er seit mehr als zwei Jahren den ständigen Beleidigungen der Frau ausgesetzt. Seine Angetraute verwehre ihm von Zeit zu Zeit sogar das eheliche Schlafzimmer und sperre ihn aus, klagte der Mann. Überhaupt sei sie nicht mehr so reinlich wie früher und versäume den Hausputz, ergänzte er in sei- ner Anzeige. Dem stellvertretenden Staatsanwalt von Latina, Gregorio Capasso, reichte die Fülle der Beschuldigungen, um Anklage gegen die Frau zu erheben.
Das Beispiel könnte in Italien Schule machen. Weit weg vom Ringen um Gleichberechtigung oder auch den Prinzipien von gleichen Rechten und gleichen Pflichten zeigt hier der Alltag in einer kleinen Gemeinde, dass eine Hausfrau sehr schnell vor einem Gericht landen kann. Zumindest wenn sie nicht nach den patriarchalischen Vorstellungen einer vergangen geglaubten Gesellschaft funktioniert, den Haushalt vernachlässigt und ihrem Mann nicht jeden Wunsch von den Augen abliest.
Sollte die Italienerin für ihre vermeintlichen Missetaten im Oktober auch noch verurteilt werden, kann dieser Präzedenzfall zu einer Flut von Klagen führen. Die Gefängnisse in Italien sind ohnedies schon überfüllt.