Konsistente Politik ist gefragt!
Zur steigenden Staatsverschuldung, grassierenden Arbeitslosigkeit, systemischen Korruption jetzt noch das „Flüchtlingsdrama“. Integration mit Sprachunterricht oder die „stolzdrauf “-Kampagne, aufgepeppt mit einer Ex-MissAustria, sind das, was sie immer waren: weltferne Konstruktionen des Integrationsministers. Er spricht von einer „Riesenherausforderung“für Europa und erwartet in diesem Jahr für Österreich 30.000 anerkannte Flüchtlinge (zu 40.000 offenbar nichtanerkannten). Erstere macht er flott zu Subjekten der Integration. Sein Erst-Rezept: „Deutschkurse“zur „erfolgreichen Integration auf dem Arbeitsmarkt“(in dem die Arbeitslosigkeit hoch ist und kein Mangel an Arbeitskräften besteht).
Die „Riesenherausforderung“kam nicht über Nacht, jedes ehrliche Szenario hätte sie seit 2013 beschreiben müssen. Vonnöten ist ein unverstellter politischer Blick, umirgendwann wieder in den Bereich von effektiven (und weniger von moralischen) staatlichen Antworten zu kommen. Wären die vielen syrischen Flüchtlinge in der EU repräsentativ für die generelle Situation im Herkunftsland, dann müssten wir ihre Zahl mit dem Faktor 100 oder höher multiplizieren. Es drohte ein Exodus in biblischen Dimensionen in die westliche EU. Die irreale Projektion relativiert die genauere Unterscheidung zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Menschen mit einer begründeten Furcht vor einer nachweisbaren speziellen Verfolgung. Jedes semantische Relativieren ist ein Beitrag zum sozialen und politischen Chaos, weil keine konkreten Alternativen existieren. ie Flüchtlinge sind eine neue soziale Bewegung, über die Soziologen bald schreiben werden. Sie sind technisch und sozial vernetzt, konfliktfähig und kennen die Logik von Medien. Die massenhafte Migration à la carte steht im Raum. Als Reaktion auf die Flüchtlingsströme haben Deutschland und in seinem Gefolge Österreich den Rechtsrahmen verletzt. Flüchtlinge mussten sich nicht zwingend im ersten EU-Land ordentlich registrieren lassen, ihren Fingerabdruck abgeben usw. Sie bewegten sich ohne Reisepass, Visa oder gültige Fahrkarte im Schengenland. Viele der zuletzt über Österreich nach Deutschland durchfahrenden syrischen Flüchtlinge waren weder in Ungarn noch in Österreich registriert. Deutschland kritisierte, Österreich lasse sie durchfahren. Österreich wie vor allem Ungarn beklagten falsche Anreize aus Deutschland. Deutschland erklärt seine Politik der letzten Wochen für beendet und macht nun auf politische Härte. Wollen die EU-Staaten nicht die Sicht verlieren, sich ökonomisch und politisch überfordern, müssen sie nationale demokratische Prozesse starten, wie viele echte Flüchtlinge sie aufnehmen wollen. Das sollte weder von UN- noch von EU-Ebene dekretiert werden. Werner Pleschberger lehrt Umwelt-und Ressourcenpolitik an der Boku Wien
D