„Der Stillstand zeigt endgültig seine Wirkung“
„Freizeitkapitäne in Flipflops“, „Stammtisch-Cup statt Champions League“bei der Standortpolitik – Industrie-Präsident geht beim Sommerempfang hart mit Bundespolitik ins Gericht.
Ein lautstarkes Gewitter gab’s gestern nicht nur über Graz – auch Industrie-Präsident Jochen Pildner-Steinburg holte im Messecenter beim Sommerempfang der Industriellenvereinigung zum verbalen Donnerwetter aus. „Der Stillstand und die Unprofessionalität“, die das Land seit einiger Zeit dominieren, würden endgültig ihre Wirkung zeigen, so der präsidiale Befund in Richtung Bundespolitik. Doch ob „Freizeitkapitäne, die in Flipflops am Ruder stehen“, für den Sturm gerüstet sind, sei zu bezweifeln.
Das Wachstum stagniere hartnäckig, die Arbeitslosigkeit steige unbeirrt, „die Lohnstückkosten laufen uns selbst im Europavergleich davon“und die Investitionen seien eingebrochen, so Steinburg. Der Rückfall Österreichs in der Wettbewerbsposition sei nicht mehr wegzudiskutieren.
Der Eishockey-Präsident Pildner-Steinburg attackierte mit Fußball-Metaphorik: „Unsere Ansprüche an eine stabile Altersversorgung, an ein ausgezeichnetes Gesundheitssystem und an eine breite soziale Absicherung machen es aber notwendig, mit unserer Standortqualität in der Champions League zu spielen. Wir aber glauben, der regionale Stammtisch-Cup reicht.“Für das Fußballnationalteam „haben wir einen Schweizer und 50 Prozent Immigranten benötigt, damit sich dort etwas geändert hat. Vielleicht wäre das auch ein Vorbild für die Politik?“ktuell dominiere hierzulande „jedenfalls noch das Weltbild, dass das Geld auf den Bäumen wächst und das einzige Problem darin liegt, dass es die falschen herunterschütteln“. Er traue es der Bundesregierung „in der derzeitigen Konstellation – aber leider auch der österreichischen Sozialpartnerschaft in der derzeitigen Verfasstheit – nicht mehr zu, die Dinge ausreichend rasch, gut und umfassend zu lösen“.
Lob und Unterstützung gab’s von Steinburg für den von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und LH-Vize Michael Schickhofer fortgesetzten Weg der Reformen in der Steiermark, „trotz ordentlicher Ohrfeige“bei der Landtagswahl. „Die große Gefahr liegt darin, dass die Schar der ehrlichen Beweger kleiner wird, während die Gruppe der Zauderer und parteipolitischen Bedenkenträger wächst.“
AAuf reges Interesse bei den zahlreichen Unternehmern stieß auch ein, von Kleine ZeitungChefredakteur Hubert Patterer moderiertes, Gespräch mit den langjährigen ORF-Korrespondenten Raimund Löw (Büro Peking) und Karim El-Gawhary (NahostBüro in Kairo). Das hochaktuelle Thema: „Braucht die Welt ein einflussreiches Europa?“
Unter den Hunderten Zuhörern waren u. a. Landtagspräsidentin Bettina Vollath, die Rektoren Harald Kainz (TU), Christa Neuper (KF), Josef Smolle (MedUni), Karl-Peter Pfeiffer (FH Joanneum), Wilfried Eichlseder (Montanuni), SFL-Chef Johann Höllwart, Christian und Georg Knill, Voestalpine-Vorstand Franz Kainersdorfer, Franz MayrMelnhof, Hans Roth, AK-Präsident Josef Pesserl, WK-Vizepräsident Jürgen Roth, Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher, Erwin Stubenschrott (KWB), Gilbert Frizberg sowie die Riege der Banken-Bosse um RLB-Chef Martin Schaller, Bernd Meister (BA), Martin Gölles (Landes-Hypo) und Nikolaus Juhasz (BKS).