Zerbröseln auf Zeit
Die Signa-Gläubiger nehmen den Sanierungsplan mit Treuhandlösung an. Ein Konkurs mag damit abgewendet sein. Der Zeitdruck bleibt dennoch gewaltig.
ie Kategorien „rational“und „irrational“sind für das Erfassen des milliardenschweren Signa-Debakels und seiner Hasard-Historie – nachweislich – nur bedingt geeignet. Das führten auch die gestrigen Abstimmungen über die Sanierungspläne der Kernge- sellschaften Prime Selection und Development vor Augen. Die Gläubiger, die zusammenge- nommen mittlerweile Forderun- gen in Höhe von fast 15 Milliar- den Euro angemeldet haben, stimmten einer Sanierung via Treuhandlösung zu. Vereinfacht gesagt, soll nun ein Treuhänder im Zeitraum von maximal fünf Jahren die Luxusimmobi- lien verwerten.
Als Alternative wäre nur noch ein Konkursverfahren möglich gewesen – verbunden mit dem Druck, Vermögenswerte so rasch wie möglich zu verkaufen, Zerschlagung unter Hochdruck also – mit mutmaßlich dämp- fenden Folgen für die potenziel- len Verkaufserlöse. Ein Abver- kauf des Zuschnitts, „Feuer frei für die Resterampe“, mag auf den ersten Blick verhindert wor- den sein. Treuhand klingt jeden- falls lieblicher als Konkurs – es ist aber nun einmal kein Fall äs
Dmanfred.neuper@kleinezeitung.at
thetischer Abwägungen. Denn die Frage, ob das Signa-Imperium zerbröselt, ist ohnedies längst beantwortet. Es geht nicht um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“.
Dahingehend scheint der Ter- minus „rational“für die nun- mehr getroffene Entscheidung doch wieder passend. Oder? Vorausgesetzt, die Treuhandlösung ermöglicht tatsächlich ei- nen möglichst strukturierten Abverkauf, quasi ein zielgerich- tetes Zerbröseln, mag der Be- fund zutreffen. Ob diese Voraus- setzung eintritt, ist ungewiss. Wolfgang Peschorn, als Chef der Finanzprokuratur oberster An- walt der Republik, hat im Vor- feld deutlich gemacht, warum er gegen die Treuhandvariante stimmen wird. Und das mit ganz zentralen Aspekten argumen- tiert, die trotz nunmehr erfolg- ter Abstimmung aufrecht und drängend bleiben. Anzunehmen, dass ein Treuhänder nun ohne (gehörigen) Druck zur Verwertung schreiten kann, war, ist und bleibt illusorisch. Das Etikett des Notverkaufs pickt auf dem gesamten Signa-Krater. Der Faktor Zeit bleibt bohrender Bestandteil dieser größten Pleite der österreichischen Wirtschaftshistorie.
Es ist schlicht so, dass Zeit buchstäblich Geld kostet. Laufende Kosten erfordern Liquidität – und an der mangelt es. So oder so. Zeit gewonnen, Zeit zerronnen? Das Damoklesschwert bleibt scharf und spitz. er vielleicht wichtigste Peschorn-Appell hat aber mit Transparenz zu tun. Nach wie vor herrscht ein krasses Missverhältnis zwischen offenen Fragen, die sich aus dem verästelten Unterholz des einstigen Benko-Imperiums auftun, und entsprechenden Antworten. Ein Konkursverfahren hätte in Sachen Durchblick womöglich mehr „Ertragskraft“entwickelt.
So regiert weiterhin das Prinzip Hoffnung und die eine Gewissheit: Die Aufarbeitung dieses Desasters wird auch abseits von Gläubigerquoten und Verkaufserlösen noch Jahre in Anspruch nehmen.
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