Der Mitsotakis-Clan will an der Macht bleiben
Griechenlands Premier Mitsotakis will nach der heutigen Wahl weiter alleine regieren: Erfolgsmodell Erbdemokratie.
Beharrlich macht Kyriakos Mitsotakis, 55, Premier, seinen Anhängern klar: Er will nach der heutigen Parlamentswahl mit seiner konservativen Nea Dimokratia (ND) weiter alleine regieren. Im Hafen der westkretischen Stadt Chania rief er: „Nicht nur Kreta wird blau sein, sondern ganz Griechenland“– gemeint ist hier die blaue ND-Parteifarbe. Die Menge jubelte.
Alljährlich am 21. Mai feiert gefühlt halb Hellas mit dem Vornamen Konstantinos – kurz: Kostas oder Kostis – seinen Namenstag, der wichtiger ist als der Geburtstag. Den Wahltermin hat Premier Mitsotakis persönlich bestimmt. Dafür gibt ihm das Gesetz das Recht. Kein Zufall: Schon sein Urgroßvater hieß Konstantinos. Der „Gero-Kosti“, der „alte Kostis“, ist der Genarch, der Gründer des MitsotakisClans. 1845 auf dem Peloponnes als Kind kretischer Eltern geboren, die vor ihrer Verfolgung auf Kreta geflüchtet waren, zog Kostis Mitsotakis 1872 nach Chania und gründete die „Partei der Barfüßigen“, wie sie seine politischen Gegner abschätzig nannten. Eine grobe Unterschätzung: Kostis Mitsotakis war nicht nur Förderer und enger Vertrauter des jüngeren Eleftherios Venizelos, der von 1910 bis 1933 mit Unterbrechungen gleich sieben Mal griechischer Premier war. Kostis Mitsotakis heiratete Venizelos’ Schwester Katigo. Das war der Grundstein für den Mitsotakis-Clan in der Politik. Der Enkelsohn des Genarchen, der nach alter Tradition den Vornamen seines
Großvaters erhielt, prägte nach dem Zweiten Weltkrieg fast fünfzig Jahre die Politik – von 1990 bis 1993 als Premier. Sein Sohn ist Kyriakos, der heutige Premier. Dessen Großvater, der selbstredend auch Kyriakos hieß, war Abgeordneter.
In der Athener Politik bleibt die „Oikogeniokratia“(„Familienherrschaft“) so fest verankert wie die Vetternwirtschaft, die Verwandte oder Freunde mit Posten versorgt. Ob Weltkriege, ein Bürgerkrieg oder Staatspleiten: In Griechenland ist die „Oikogeniokratia“nicht auszurotten. Das wird wohl so bleiben. So unbeirrt wie unverfroren hegt Premier Kyriakos Mitsotakis, der sich stets als Reformer präsentiert, diese einer modernen Demokratie so unwürdige Tradition – zum massiven Vorteil der eigenen Familie.
Die Mitsotakis-Dynastie stellt die „Könige“in Hellas, Europas einziger Erbdemokratie. Und dies, obgleich die Griechen 1974 per Referendum die Monarchie abschafften. Zwar herrschten und herrschen noch weitere Clans wie die Papandreous oder die Karamanlis-Familie. Doch Mitsotakis und Co stellen alle in den Schatten. Heute will Alexis Tsipras, Ex-Premier und Chef des radikal-linken Wahlbündnisses Syriza, dem regierenden Mitsotakis die „Absolute“nehmen. Es könnte am Ende doch knapp werden.