Erlösungsbaby
Sollen wir uns trennen – oder bekommen wir ein Kind? Warum ein Baby nie, nie, niemals die Probleme in einer Beziehung lösen kann.
Also, wenn du einen Sohn hast“, sagte eine Freundin einmal zu mir, „dann fehlt es dir nicht mehr so schnell an Romantik im Leben.“Sie kippte einen Korb mit Zeichnungen und Liebeserklärungen ihres Fünfjährigen aus, der offenbar davon ausging, eines Tages seine Mutter zu heiraten. Wir lachten. Meine Freundin hatte mit trockenem Humor gesprochen. Die lustige Erinnerung inspiriert mich aber dazu, Sie hier schon einmal in HalloweenStimmung zu bringen: mit meinen Top 4 der schaurigsten Elternansichten.
4. „Die neue Freundin vom Jan, uff, ich sag’s dir: Das ist eine Tussi.“– Das sagte einmal eine Bekannte von mir über die Freundin ihres halbwüchsigen Sohnes. Ich finde, es gibt nichts Schlimmeres als Eltern, die die Partner ihrer Kinder abwerten. Wie traurig muss die eigene Beziehung sein, wenn man so eine seltsame Eifersucht an den Tag legt?
3. „Also, das mit den Kindern, das verändert alles: Man hat praktisch keinen Sex mehr“, sagte einmal ein Freund zu mir, der inmitten seines jungen Familienglücks zu leiden schien wie ein Hund. Ich bezweifle, dass das so sein muss. In all meiner kinderlosen Ahnungslosigkeit vermute ich: Wenn eine Frau aufhört, mit dir zu schlafen, dann hat das einen Grund. Entweder rächt sie sich für etwas Emotionales, das du ihr angetan hast – das wird ja gerne behauptet. Oder du hast im Bett so wenig für sie getan, dass sie die Sache tatsächlich ausschließlich zur Fortpflanzung genutzt hat. Dann liegt es nicht an den Kindern, sondern an dir.
2. „Die Maja ist schon etwas ganz Besonderes. Ich glaube, sie ist die klügste Frau, die ich je kennengelernt habe“: Das sagte einmal ein Vater über seine anwesende (!) Teenager-Tochter, und zwar im Beisein ihrer Mutter, seiner Frau. Ich stand daneben und spürte, wie seine Frau zusammenzuckte. Ich merkte auch, dass er dieses Zucken wahrnahm, und zwar mit Genugtuung. Hier wurde ein Kind gleich doppelt benutzt: Um den Vater aufzuwerten. Um die Mutter abzuwerten.
1. „Ich muss alles selber machen mit dem Kleinen! Sein Vater ist ja schon zu blöd, ihn richtig zu halten.“Das sagte einmal eine Freundin von mir im verflixten ersten Jahr nach der Geburt des ersten Kindes. Sie war leider schon zuvor unzufrieden mit ihrer Beziehung gewesen, und das steigerte sich jetzt noch. Gleichzeitig baute sie eine extreme Nähe zu ihrem Sohn auf, der noch mit fünf Jahren kaum mit anderen Menschen sprechen wollte. Ich glaube, sie holte sich tatsächlich die Liebe und Nähe von ihrem Sohn, die sie sich eigentlich von ihrem Mann gewünscht hätte.
Es sollte vielleicht niemanden wundern, dass im christlich geprägten Abendland so viele Menschen zu glauben scheinen, ein Baby könnte das Ruder herumreißen und uns alle erlösen. Trotzdem ist diese Hoffnung wahnwitzig. Wahr erscheint mir vielmehr, dass man selber glücklich werden sollte, mit sich selbst und seiner Beziehung. Und dann erst, so man will, ein Kind kriegen. Sonst pflanzt man doch nur sein Elend fort.