Wächter Istriens
ten der Weinberge von Motovun gut im Einklang miteinander. Dieser Symphonie wollten auch wir am nächsten Tag nachspüren – bei einer Radtour durch das Hügelland.
Diese führt uns auf die wohl bekannteste und geschichtsträchtigste Radroute Istriens: die Parenzana. Dabei handelt es sich um eine 123,1 km lange, schmalspurige Eisenbahnstrecke, die zwischen 1902 und 1935 33 Orte in Istrien von Triest bis Porecˇ miteinander verband. Heute würde sie durch das Gebiet von drei Ländern verlaufen: Italien, Slowenien und Kroatien. Beim Jahrhundertjubiläum der Streckeneröffnung kam die Idee auf, diese einzigartige Eisenbahn, die Anfang des 20. Jahrhunderts Menschen und Nationen miteinander verbunden hatte, zu erneuern. 2002 haben die Gespannschaft Istrien und die Verwaltungsabteilung für Fremdenverkehr zusammen mit dem Verein für die Erneuerung der Eisenbahn PorecˇKoper-Triest den Grundstein für das Projekt gelegt: für den Weg der Gesundheit und Freundschaft.
Ein Hauch von Nostalgie weht uns entlang der Strecke in den Tunnels und auf den Viadukten entgegen und immer wieder laden idyllische Plätze zum Rasten ein. Von den Rastplätzen aus kann man seinen Blick über das grüne Mirnatal schweifen lassen. Wir entscheiden uns für eine Tagestour und somit für einen Teilabschnitt der Parenzana, der uns bis zum pittoresken Bergstädtchen Vizˇinada führt. Der Ort selbst wurde erstmals im Jahr 1177 in einer Urkunde des Bischofs von Porecˇ erwähnt.
Seine Gründung liegt jedoch noch weitere Jahrzehnte zurück. Und für wenige Minuten, die man in dem Ort verbringt, scheint die Zeit tatsächlich stehen zu bleiben – so lange, bis wir uns entschließen, aufzubrechen.
Über eine steil abfallende Forststraße mit teils schroffem Gestein geht es nahe der Kirche im Ort bergabwärts zum Fluss Mirna. Ohne Mountainbike sollte man diese aber keinesfalls ins Auge fassen. Zurück nach Motovun führt uns der Radweg entlang des Flusses. Wer die Parenzana hingegen weiterfahren will, hat noch etwa 24 Kilometer bis zum Meer vor sich – ein durchaus lohnenswertes Ziel.
Doch wir entscheiden uns für das wilde Hinterland und wollen hier noch etwas in der Zeit verweilen. Ein anschließendes kleines Picknick nahe den Weingärten mit Blick auf Motovun ist das lohnende Geschenk des sich verabschiedenden Tages – aber auch das Wiederfinden der Zeit und der damit verbundenen Wahrheit über sich selbst, die man im Trott des Alltags verloren glaubte.