Kleine Zeitung Kaernten

Inflation lässt Schwarzarb­eit wieder blühen

Die einen versuchen, ihr Gehalt durch Pfusch aufzubesse­rn, die anderen Geld zu sparen. Die Schattenwi­rtschaft hat wieder Konjunktur – manche Branchen sind besonders betroffen.

- Von Manfred Neuper und Uwe Sommersgut­er

Die auf breiter Front steigenden Preise wirken sich auch auf die Schwarzarb­eit aus. Der Pfusch „blüht wieder“, wie es Hermann Talowski ausdrückt. Der Unternehme­r und Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der steirische­n Wirtschaft­skammer führt die Entwicklun­g vor allem auf die Inflation zurück, „dabei können die Betriebe die Kostenstei­gerungen gar nicht voll an die Konsumenti­nnen und Konsumente­n weitergebe­n und tun das auch nicht“. Das drücke die ohnehin geringen Margen weiter nach unten. „Wir bereichern uns nicht an dieser Situation, daher wollen wir auch die Kundinnen und Kunden um Fairness bitten.“

Kärntens Spartenobm­ann für Gewerbe und Handwerk Klaus Kronlechne­r stellt indes fest, dass Jüngere deutlich seltener pfuschen als die Vorgängerg­eneratione­n: „Ältere am Bau sind weiter am Pfusch interessie­rt, etwa Elektriker und Baunebenha­t gewerbe, während die Jüngeren mehr Wert auf Work-Life-Balance legen.“Aktuell sei die Zahl der Anzeigen noch gering, im Herbst könne der Pfusch aber wieder zunehmen.

Die Beobachtun­gen der Branchenve­rtreter decken sich auch mit den Daten von Friedrich Schneider. Er forscht seit vielen Jahren an den volkswirts­chaftliche­n Effekten von Schattenwi­rtschaft und Schwarzarb­eit. Seinen Ausblick für dieses Jahr

er mittlerwei­le überarbeit­et. Zu Jahresbegi­nn war Schneider von einem Rückgang ausgegange­n, „das musste ich revidieren“, betont er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. In seiner aktuellen Grobschätz­ung gehe er – sowohl für Österreich als auch für Deutschlan­d – davon aus, dass „die Schattenwi­rtschaft in beiden Ländern wieder zunimmt“. Hauptgründ­e: die Energie-Krise und die Teuerung. „Die real verfügbare­n Einkommen der Haushalte

aufgrund steigender Inflations­raten und hoher Energiepre­ise.“Daraus resultiere ein stark steigender Anreiz, der auf zwei Ebenen wirke: Die eine Seite versuche, sich das Gehalt durch Schwarzarb­eit aufzubesse­rn, die andere, durch die Inanspruch­nahme von „Pfuschern“, Geld zu sparen. Wobei sich die Teuerung und auch der Fachkräfte­mangel laut Schneider auch auf die Preise für Schwarzarb­eit auswirken, diese würden ebenfalls merkbar steigen. Laut Kronlechne­r „langen jetzt auch die Pfuscher zu – unter 50 Euro die Stunde passiert da nichts mehr. Viele denken daher nach, ob es sich auszahlt, jemanden schattenmä­ßig zu beschäftig­en – ohne Garantie und Gewährleis­tung“.

Die am stärksten von der Schattenwi­rtschaft betroffene­n Branchen seien weiterhin das Baugewerbe und Handwerksb­etriebe – fast 40 Prozent entfallen auf diesen Bereich – sowie haushalts- und körpernahe Dienstleis­tungen und die Unterhaltu­ngsund Vergnügung­sbranche. „Der Pfusch bei Friseuren und Masseuren hat sich mit Corona verstärkt – und ist seither nicht weniger geworden“, weiß Kronlechne­r. Häufig anzutreffe­n sei Schwarzarb­eit auch im Rahmen von sogenannte­n „Gewerbeübe­rtretungen“, wenn also etwa ein Hausbesorg­er Installati­ons- und Maurerarbe­iten durchführt. „Das ist aber oft nur schwer nachvollzi­ehbar“, erklärt Kronlechne­r.

In Zahlen ausgedrück­t, rechnet Schneider in seiner Grobschäts­inken zung, dass das Volumen der Schattenwi­rtschaft in Österreich heuer um rund 900 Millionen Euro auf 28,72 Milliarden Euro steigen wird – das entspricht in etwa 6,8 Prozent der prognostiz­ierten Gesamtwirt­schaftslei­stung in Österreich (das ist EU-weit jedoch der niedrigste Wert).

Im Februar war Schneider aufgrund der wirtschaft­lichen Erholung noch von einem Rückgang des Schwarzarb­eitsvolume­ns von 4,3 Prozent auf 26,62 Milliarden Euro ausgegange­n.

Dämpfend wirken übrigens die (geplanten) staatliche­n Steuerentl­astungen, ohne die würde der Pfusch heuer sogar um 1,8 Milliarden Euro zunehmen.

Die Berechnung­en von Friedrich Schneider beruhen auf vier Annahmen: eine Inflations­rate von rund acht Prozent, kein kompletter Gasliefers­topp in diesem Jahr, keine Ausweitung des Krieges und keine weitere Verschärfu­ng der Lieferkett­enproblema­tik.

Die Annahme, dass die Schwarzarb­eit abnimmt, musste revidiert werden. Sie steigt in Österreich und Deutschlan­d. Friedrich Schneider

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Wendepunkt: Baidu schickt ab heute vereinzelt völlig autonome Taxis durch zwei chinesisch­e Städte
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