Mateschitz investiert und niemand ruft „Ausverkauf“
Neuester Streich ist die Therme Fohnsdorf. Der Milliardär kauft und kauft und baut und baut. Im Bezirk Murtal besitzt er 3200 Hektar Grund. Im Gegensatz zu so manch anderen Regionen kommt dort aber keine Kritik auf.
Jetzt hat er es schon wieder getan. Die ganze Therme Fohnsdorf gekauft, und einen Haufen Grund dazu. 20 Hektar in diesem Fall. „Ausverkauf!“, hieße es woanders vielleicht, zum Beispiel in der Südsteiermark. Das fürchtet dort so mancher wegen der vielen Reichen, die in schicke Chaletdörfer und wunderbare Weingüter investieren. Er ist dort auch dabei, aber nur am Rande.
Dietrich Mateschitz hat seinen Schwerpunkt woanders. Er hat den Bezirk Murtal zu seiner Spielwiese auserkoren. Seit der Red-Bull-Ring vor zehn Jahren in Betrieb ging, hält den steirischen Miteigentümer des RedBull-Konzerns nichts mehr. Kaufen, kaufen, kaufen ist angesagt, und bauen, bauen, bauen. Rund 3200 Hektar Grund hat er allein im Bezirk Murtal gekauft, dazu kommen noch etwa 300 Hektar im Ausseerland.
Aber keiner schreit Ausverkauf, keine Initiative wie in der Südsteiermark, die fürchtet, Großinvestoren könnten den „Zauber der Region“rauben. Warum das bei Mateschitz g’schmeidiger läuft? Vielleicht, weil die Region um sein „Projekt Spielberg“gar nie den Zauber hatte, um den andere bangen. Weil Mateschitz den Zau
eher gibt, als nimmt. So mancher Einheimische mag sich denken: Formel 1, Moto GP, die ganze Welt schaut auf uns, wir sind jetzt im Murtal mehr als eine Industrieregion.
Die Einheimischen begrüßen auch den neuerlichen Großeinkauf in Fohnsdorf. Und warten gespannt, was Mateschitz nach vielen schon verwirklichten Projekten diesmal draus macht. Aber die Menschen registrieren nicht nur das Offensichtliche. Sie nehmen wahr, dass der bald 77-Jährige die knapp 400 Mitarbeiter seines Projektes Spielberg auch während der Lockdowns voll bezahlt hat, obwohl für viele keine Arbeit da war. Und es spricht sich herum: Der Mann hilft so manchen aus sozialen Notlagen, fördert da und dort kleine Handwerksunternehmen, aber immer unter der Prämisse: Es darf nichts an die Öffentlichkeit, vor allem nicht in Medien, das mag er nicht.
Bei Dietrich Mateschitz’ Einkäufen kommt kaum jemand auf die Idee, ihm bösartige Spekulationsabsichten, gar einen Ausverkauf zu unterstellen. Sein Projekt Spielberg wirkt weit über den Standort seiner Rennstrecke hinaus. Es reicht von Gastbetrieben über eine Zucht der Pferderasse Trakehner, sogar Schifffahrt bis zu alten Bauber ernhöfen, die er kauft, renoviert und dort Tiere züchten, Gemüse anbauen und das Ganze in hauseigenen Betrieben verkochen lässt.
Auch ein Phänomen und vielleicht mit ein Grund, warum Kritik an einem Ausverkauf nicht hochkommt: Trotz Mateschitz-Engagements bleiben die Grundstückspreise auf seiner Hauptspielwiese, dem Murtal, sehr günstig. Der Milliardär selbst lässt sich nichts Überteuertes andrehen, schaut sehr genau auf den Preis und lässt hart verhandeln, bevor er zuschlägt.
Zweitwohnsitzproblematik, explodierende Wohnkosten, das alles kennt der Bezirk noch kaum, er ist weiter am unteren Ende der Immobilienpreis-Skala.
Andere wagen sich aber langsam in Mateschitz-Gefilde vor: Milliardärskollege René Benko hat jüngst das 1270 Hektar große Forst- und Jagdrevier Stüblergut im Gaberl-Gebiet gekauft, keine 20 Kilometer vom Red-Bull-Ring entfernt. Gut möglich, dass bei weiter steigendem Interesse eines Tages auch den Immobilienpreisen im Murtal Flügel wachsen. Vielleicht gibt es dann eine Neubewertung der Geschichte, aber bis dahin rinnt noch viel Red Bull die Kehlen hinunter.