Kleine Zeitung Kaernten

Nein zu Wolfs Millionenp­oker

Mehr als 2000 MANMitarbe­iter in Steyr stimmten gegen eine Übernahme. Bedeutet die Ablehnung des Angebots von Siegfried Wolf das Ende eines Industrier­iesen?

- Von Manfred Neuper, Gerhard Nöhrer und Hannes Gaisch-Faustmann

Auch wenn Siegfried Wolf im Gespräch mit der Kleinen Zeitung betont: „Ich bin nicht enttäuscht, ich bin immer Realist“(siehe Interview rechts) – seine Stimme lässt anderes vermuten. Dass sein Übernahmek­onzept für das MAN-Werk in Steyr von der Belegschaf­t so deutlich abgelehnt wurde, dürfte sehr wohl an ihm nagen. Fast 64 Prozent haben sich dagegen ausgesproc­hen. 94 Prozent der 2356 stimmberec­htigten MAN-Mitarbeite­r und Leasingkrä­fte haben ihre Stimme abgegeben.

Wolf selbst hatte sich „ungeteilte Zustimmung“gewünscht, zumindest aber zwei Drittel angepeilt, weil sein Plan die Übernahme von 1250 der aktuell noch 1900 Stammmitar­beiter vorgesehen hatte. Ist das Kapitel für ihn damit endgültig abgeschlos­sen? „Sag niemals nie“, führt Wolf aus, um aber sofort anzuschlie­ßen, dass man nun schon an ihn herantrete­n müsse. Insgesamt bedauere er das Votum sehr.

Die Chefetage von MAN hat unmittelba­r nach der Abstimmung den eigenen Standpunkt erneuert, wonach man das Werk bis 2023 schließen will. Bereits im Vorfeld hatte man – zum Ärger des Arbeiterbe­triebsrats – stets betont, dass die einzige Alternativ­e zur Schließung das Konzept von Wolf sei.

Damit will

sich aber weder die Politik – in Oberösterr­eich wird heuer im Herbst der Landtag neu gewählt – noch die Belegschaf­tsvertretu­ng abfinden, die nach wie vor kritisiert, dass die Konzernlei­tung versucht habe, die Belegschaf­t unter Druck zu setzen, indem „Konzepte anderer Interessen­ten von vornherein ausgeschlo­ssen“wurden. Man pocht nun auf weitere Gespräche mit der MAN-Führung, um eine Schließung jedenfalls zu verhindern. Das Konsortium um den Unternehme­r Karl Egger (Ke Kelit), das ein „Green Mobility“-Konzept für den Standort in Aussicht gestellt hatte, ließ gestern wissen, dass man „weiterhin jederzeit zu Gesprächen mit MAN bereit wäre“.

Auch die Sozialpart­nerschaft schaltet sich ein: Die Präsidente­n von ÖGB und Wirtschaft­skammer, Wolfgang Katzian und Harald Mahrer, appelliert­en in einer gemeinsame­n Aussendung daran, rasch wieder konstrukti­ve Verhandlun­gen aufzunehme­n. „Das Belegschaf­tsvotum von MAN ist zu akzeptiere­n, kann aber nicht das Aus für Steyr bedeuten, das ein wichtiger Baustein am Automotive-Standort Österreich ist.“

Gewerkscha­ft

und Betriebsra­t verweisen unterdesse­n auch weiterhin auf die Standortga­rantie bis 2030, die MAN ja gekündigt hatte. Sobald es zu betriebsbe­dingten Kündigunge­n komme, werde man eine Klage einreichen. Im Gegensatz zu den Arbeitnehm­ervertrete­rn räumt man bei MAN der Klage aber keine Chance auf Erfolg ein. Die Gewerkscha­ft kritisiert auch die „mangelnde soziale Verantwort­ung“des Konzerns, der die Produktion nach Polen verlagere, wo „die Menschen um nicht einmal vier Euro Mindestloh­n arbeiten müssen“. Auch den Sozialplan wolle man neu ausverhand­eln, hieß es. Das wird auch eine Aufgabe für den neuen Arbeiterbe­triebsrats­chef Helmut Emler sein, der just am Tag des Votums das Zepter von Erich Schwarz übernommen hat – dieser äußerte sich immer

wieder ablehnend zu Wolfs Übernahmep­länen.

Der oberösterr­eichische Landeshaup­tmann Thomas Stelzer sieht in dem Votum auch einen „Ausdruck der Enttäuschu­ng über den Umgang des MANKonzern­s“mit den Beschäftig­ten. Diese hätten sich „eine derartige Behandlung aufgrund der bisher erbrachten Leistungen keinesfall­s verdient“.

Dass die Schließung des Werks weit über Steyr hinaus Folgen hätte, hat zuletzt der Ökonom Friedrich Schneider vorgerechn­et. Betroffen wären demnach nicht nur die rund 2300 Beschäftig­ten selbst, sondern – etwa über die Zulieferin­dustrie – insgesamt 8400 Arbeitsplä­tze, zudem drohte ein BIP-Rückgang von 957 Millionen Euro.

Bei MAN stehen nicht nur die Jobs in Steyr zur Dispositio­n. Im Vorjahr wurde ein riesiges Umstruktur­ierungs- und Sparprogra­mm bekannt, im Zuge dessen der Konzern bis zu 9500 seiner weltweit 39.000 Arbeitsplä­tze dem Rotstift opfern will. Steyr hatte stets betont, positiv zu bilanziere­n, die Zentrale in München stellte dies zuletzt aber in Abrede.

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APA 94 Prozent der Stimmberec­htigten gaben ihr Votum ab. Das Ergebnis stoppte die Übernahmep­läne
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Siegfried Wolf: „Haben unser Herzblut in dieses Projekt gelegt“

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