Die Grünen, das Klima und der Veggie Day
In Frankreich herrscht große Empörung darüber, dass der grüne Bürgermeister von Lyon den Schulkantinen einen Tag mit fleischloser Kost verordnet hat. Als die Grünen in Deutschland vorgeschlagen haben, in öffentlichen Küchen an einem Tag in der Woche nur fleischlose Speisen anzubieten, sind sie verspottet worden. Spott verdient aber nur das blöde Wort dafür: Veggie day. Die Sache selbst ist keineswegs unvernünftig.
Am Freitag kein Fleisch zu essen, war früher eine Vorschrift der Kirche. Auch heute noch gibt es in vielen öffentlichen Küchen am Freitag einen panierten Fisch. Einen gesundheitlichen Grund dafür kann es nicht geben, der Brauch wird wohl ein ferner Nachhall des früheren Gebots sein. Sich gesund zu ernähren ist Gemeingut unter einigermaßen aufgeklärten
„Die angebliche
Zeitgenossen.
Rettung des Klimas Recht haben die Grünen ist ein absolut auch, wenn sie gegen geltender ethischer den übermäßigen Bodenverbrauch und die Zersiedelung Imperativ, der Landschaft
dem sich die gesamte
(zu besichtigen vielerorts Politik zu im Land) durch immer
unterwerfen hat.“neue Bauten zu Felde ziehen. Aber sie machen es sich zu einfach. Anstatt den sehr mühsamen Weg über Raumordnung und Flächenwidmung zu gehen, spekulieren sie (in Deutschland) mit der Idee, den Bau neuer Einfamilienhäuser zu verbieten.
Die Grünen stehen im Verdacht, eine Vorliebe für Verbote und Anordnungen zu haben, wenn es um die Verbesserung der Welt oder die Herstellung von Gerechtigkeit geht. Die angebliche „Rettung des Klimas“ist ein absolut geltender ethischer Imperativ, dem sich die gesamte Politik zu unterwerfen hat. Manche unterstellen den Grünen deshalb eine totalitäre Neigung, in der praktischen Ausübung der Macht können sie dann freilich sehr unideologisch sein, wie Werner Kogler und Sigrid Maurer zeigen.
Als vor einem Jahr die Corona-Pandemie ausbrach, meinte Rudolf Anschober, man könne die Erfahrungen, die man mit Zwangsmaßnahmen bei der Bekämpfung des Virus mache, später auch bei anderen Krisen – er nannte nicht zufällig das Klima – einsetzen. Da wäre dann grüne Politik nicht mehr so harmlos wie der Veggie Day.
Hans Winkler lebt als Journalist in Wien.