Krebskranke Frau starb, nachdem sie von Heilpraktiker behandelt worden war. Dieser Fall kommt nochmals vor Gericht.
Kärntner Krebspatientin soll mit Pendel und Homöopathie behandelt worden sein. Nach Freispruch für Heilpraktiker gibt es nun einen neuen Prozess.
Es wird neu verhandelt. Allerdings nicht wegen fahrlässiger Tötung, sondern wegen vorsätzlicher Körperverletzung Ernst Maiditsch, Rechtsanwalt der Hinterbliebenen
EGGENBERGER
Eine krebskranke Kärntnerin ließ sich jahrelang von einem Heilpraktiker behandeln. Im Jahr 2013 starb die Frau – mit Mitte 40 – an Brustkrebs. Sie hinterließ eine schulpflichtige Tochter und ihren Ehemann.
Der Heilpraktiker aus Deutschland wurde 2015 angeklagt und in weiterer Folge wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Der Schuldspruch wurde ein Jahr später aufgehoben. Doch nun fällte das Oberste Bayerische Landesgericht wieder eine neue Entscheidung in der tragischen Causa: Der Fall des Heilpraktikers muss noch einmal vor Gericht verhandelt werden.
Das Amtsgericht Kehlheim (Bayern) hatte den Mann im Jahr 2018 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er soll die krebskranke Kärntnerin mit einer Art Pendel und mit homöopathischen Mitteln behandelt haben. Laut Staatsanwaltschaft hatte der Heilpraktiker mittels Auspendelns diagnostiziert, dass die Frau keinen Krebs habe, sondern lediglich eine Milchdrüsenentzündung. Das Erstgericht gelangte zur Überzeugung, dass der Heilpraktiker die Kärntnerin „nicht rechtzeitig an einen Schulmediziner verwiesen habe“und dass die Frau infolge der nicht fachgerechte behandelten Brustkrebserkrankung verstorben sei. Doch gegen dieses Urteil hat der Heilpraktiker berufen. Vorerst mit Erfolg: Das Landgericht Regensburg hat den Heilpraktiker freigesprochen. Vereinfacht gesagt deshalb, weil die Frau vielleicht trotz schulmedizinischer Behandlung im Jahr 2013 an Krebs gestorben wäre. Den Nachweis, dass der Angeklagte Schuld an ihrem Tod ist, gab es aus Sicht des Gerichtes nicht. „In diesem Fall stößt das Strafgericht an seine Grenzen“, sagte der Berufungsrichter laut dem Online-Portal mittelbayerische.de.
Doch die Staatsanwaltschaft akzeptierte den Freispruch nicht und legte Rechtsmittel ein. Das Oberste Bayerische Landesgericht hat das Rechtsmittel zugelassen. „Jetzt muss noch einmal neu verhandelt werden, allerdings nicht mehr wegen fahrlässiger Tötung, sondern wegen vorsätzlicher Körperverletzung“, sagt Ernst Maiditsch, der Klagenfurter Anwalt der Hinterbliebenen.
Vorsätzlich? Aus Sicht des Obersten Bayerische Landesgerichts sei „zwar nicht zu beanstanden, dass der Mann von der fahrlässigen Tötung freigesprochen wurde“, aber es wäre zu überprüfen, ob sich der Angeklagte nicht der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat. Das bestätigt Gerichts-Pressesprecher Friedrich Weitner: „Der Strafrahmen dafür umfasst eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.“
Der Gesundheitszustand der Krebskranken habe sich Ende 2012 rapide verschlechtert. Im April 2013 kam sie wegen Atemnot und Ödemen in Kärnten ins Krankenhaus. Zumindest Ende 2012 hätte der Heilpraktiker zu einer schulmedizinischen Behandlung raten müssen, heißt es im Urteil. Die Frau muss zu diesem Zeitpunkt „unter erheblichen Schmerzen gelitten haben“. Daher gibt es jetzt die neue Verhandlung wegen der Körperverletzung.
Anwalt Maiditsch sagt, für die Hinterbliebenen sei das eine Belastung. „Sie warten seit Jahren auf eine Entscheidung. In Österreich wäre dieses Strafverfahren längst abgeschlossen“, meint er. Es gibt auch zivilrechtliche Forderungen gegen den Heilpraktiker. Der Prozess wegen der Schmerzensgeldforderung der Hinterbliebenen könne aber erst dann fortgesetzt werden, wenn das Verfahren in Deutschland zu Ende ist.
Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.