Denkmal der Muttersprache
Bernhard Hüttenegger umkreist in seiner autobiografischen Spurensuche poetisch und detailgenau seine Lebensthemen.
Diese Neuauflage sollte man immer wieder lesen, so viel gilt es zu entdecken. Mit der Überarbeitung des 2015 erstmals erschienen Romans vervollständigt Bernhard Hüttenegger (nach „Beichte eines alten Narren, 2017, und „Der Fisch im Wasser, 2018) seine autobiografische Trilogie mit „Meine Mutter, meine Sprache“. Im Zentrum steht der Autor selbst, ein alternder Schriftsteller, der Bilanz über sein Leben zieht. Wie er das tut, ist detailgenau, zärtlich und manchmal auch wütend.
Denn familiäre Konflikte gab es genug, und doch wird der Sohn durch den Tod der Mutter ziemlich aus der Bahn geworfen. Um sich zu fassen, fährt er nach Grado: „Mit der Großmutter war ich, seit dem fünften Lebensjahr, regelmäßig an die Obere Adria gefahren, mehrmals war auch die Mutter dabei.“
Wenn die Mutter einmal nicht mehr sein sollte, hatte sich der Erzähler vorgenommen, wollte er wieder an die Obere Adria fahren. Mit den Beobachtungen in der Lagunenstadt kommen auch die Erinnerungen wieder und mit den Erinnerungen die Mutter. So lebhaft sind die, dass der Sohn sich an einzelne Wörter, wie sie im Elternhaus gesprochen wurden, erinnert. „Täglich steigt aus dem Bewusstseinsgrund, aus dem Halbschlafzustand der Kindheitswortschatz, steigen ein bis zwei Kindheitswörter auf, die ich für ein Wörterbuch der Kindheit notieren werde: Bausteine für mein Denkmal der Muttersprache.“
Der steirische, heute in Wien und Kärnten lebende Autor (geboren 1948), einstiges Forum-Stadtpark-Mitglied, ist einer der Leisen im Lande. Sein Nachdenken über das Leben und die Sprachlosigkeit angesichts des Todes hallt dennoch lange bei der Leserin nach. Und die will sich damit beim Autor keineswegs „einweimperln“(Auszug aus dem Wörterbuch der Kindheit), sondern einfach eine Leseempfehlung abgeben.