Vergessenes Afrika
Unser südlicher Nachbarkontinent wird zumeist einseitig als Kontinent der Kriege, Katastrophen und Krankheiten dargestellt. Stereotype Vorstellungen dominieren sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in den Medien. Dabei ist der vermeintlich schwarze Kontinent von bunter Vielfalt geprägt. Berichtet wird allerdings nur, wenn es negative Schlagzeilen gibt. In letzter Zeit fällt auf, dass von Afrika gar nicht mehr berichtet wird. Das liegt wohl daran, dass uns Corona so auf uns selbst zurückgeworfen hat, dass der Blick über den Tellerrand versperrt ist. Und daran, dass es kaum verlässliche Informationen über die Auswirkungen der Pandemie auf die afrikanischen Gesellschaften gibt. Zurzeit rangieren die afrikanischen Länder in Corona-Statistiken unter ferner liefen. Offiziell gibt es in ganz Afrika 100.000 Infizierte bei einer Gesamtbevölkerung von 1,2
„Corona hat Milliarden (Stand 26. 5.).
uns wohl so Doch niemand kennt die
Dunkelziffer und weiß,
auf uns selbst
wie sich die Lage entwickeln
zurückgeworfen, wird. Die Gesundheitssysteme
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über den Fall einer epidemischen
Ausbreitung vermutlich
Tellerrand
bald kollabieren. Das Virus
versperrt ist.“trifft in Afrika auf Millionen Menschen, die in absoluter Armut leben. Da wirken Maßnahmen wie Ausgangssperren und Maskenpflicht wie blanker Hohn angesichts eines Überlebenskampfes, bei dem es oft nur darum geht, wenigstens eine Mahlzeit am Tag für die eigenen Kinder aufzutreiben. ie meisten afrikanischen Staaten werden aufgrund der globalen Corona-Krise wirtschaftlich noch weiter zurückfallen. Armut und soziale Ungleichheit werden zunehmen. Aber die Menschen werden mit Widerstandskraft, Improvisation und einem unerschütterlichen Glauben auch das überstehen. Wir hingegen sollten nicht vergessen, dass ein Großteil unseres Wohlstands auf die Ausbeutung der Länder des Südens zurückzuführen ist. Afrika braucht von Europa keine Almosen, sondern faire Wirtschaftsbedingungen. Und in Zeiten wie diesen eine ehrliche Solidarität, die nicht in politischen Lippenbekenntnissen und leeren Versprechungen verkommt.
ist Professor für Soziale Arbeit an der FH Kärnten und forscht seit mehr als 20 Jahren in Ostafrika
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