Britische Konservative fühlen sich in der EU wie im Gefängnis
Die Brexiteers rüsten sich. Außenminister Hunt wählt scharfe Worte. Mit Spannung wird nun heute die Rede von Mays Kontrahent Johnson erwartet.
Mit Warnungen an die Adresse der EU und parteiinternen Sticheleien haben die britischen Konservativen ihren Parteitag in Birmingham fortgesetzt. Brexit-Minister Dominic Raab warnte Brüssel vor überzogenen Forderungen: „Unsere Bereitschaft zum Kompromiss ist nicht grenzenlos“, sagte er in einer Rede. Raab sieht den Knackpunkt bei den Verhandlungen im Status der Provinz Nordirland: Es dürfe keine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens geben, wie sie der EU vorschwebe. „Wenn das einzige Angebot der EU unsere Einheit bedroht, dann wird uns keine andere Wahl bleiben, als ohne Abkommen auszutreten.“
Außenminister Jeremy Hunt löste mit noch schärferen Worten auf dem Parteitag Kritik aus. Er sagte vor den Delegierten, die EU wolle Großbritannien wegen des Austritts „bestrafen“, und zog einen Vergleich zur früheren Sowjetunion.
An die Adresse Brüssels gerichtet sagte Hunt: „Sie scheinen zu denken, dass sie den Club zusammenhalten können, indem sie ein Mitglied, das geht, bestrafen.“Die EU sei gegründet worden, „um Freiheit zu schützen“. Es sei die Sowjetunion gewesen, „die Leute daran gehindert hat zu gehen“.
Die Lektion sei klar: „Wenn sie den EU-Klub in ein Gefängnis verwandeln, wird der Wunsch auszutreten nicht abnehmen; er wird zunehmen, und wir werden nicht der einzige Gefangene sein, der fliehen will“, sagte der sonst für seinen gemäßigten Ton bekannte Außenminister, der als ein möglicher Nachfolger von Premierministerin Theresa May gilt.
Die Äußerungen riefen Kritik britischer Ex-Diplomaten hervor: „Dieser Unsinn ist eines britischen Außenministers unwürdig“, sagte Peter Ricketts, lange Zeit ranghöchster Mitarbeiter im Außenministerium. Sein Nachfolger Simon Fraser erklärte, der Vergleich zeuge von „schockierendem mangelnden Urteilsvermögen“.
Finanzminister Philip Hammond zog unterdessen die Qualifikation von Hunts Vorgänger in Zweifel. Auf die Frage, ob Boris Johnson Premier werden könne, sagte Hammond: „Ich gehe nicht davon aus, dass das passiert.“Johnson sei „ein wunderbarer Typ“, habe aber kein Interesse an Details. Der harte BrexitFlügel der Konservativen wirft May zu weit reichende Zugeständnisse an die EU vor. Hauptwidersacher Johnson kritisierte deshalb die Regierungschefin. Er soll heute seine Rede halten.
Johnson redet heute in Birmingham