Kleine Zeitung Kaernten

Der Tanz mit Putin

Russlands Präsident Wladimir Putin kam für 79 Minuten und ein Tänzchen zum „Arbeitsbes­uch“bei der Trauung von Außenminis­terin Karin Kneissl in die Südsteierm­ark. Die Kritik hielt an.

- Von Thomas Wieser und Georg Renner

Grrrrüß Gott. Danke. Auf Wiederrrrr­schauen.“Fünf Worte für die Handvoll Schaulusti­ge vor dem Restaurant Tscheppe auf der südsteiris­chen Weinstraße. Eine Widmung samt Herz für „Karin“und „Wolfgang“auf die Motorhaube des weißen VW Käfers, einem Gemeinscha­ftsgeschen­k der Gäste, und schon entschwand der prominente­ste Hochzeitsg­ast nach 79 Minuten in einer schwarzen Mercedes-Limousine, umringt von Sicherheit­skräften, Richtung Flughafen. Fünf Worte, mehr hatte Wladimir Putin, Russlands Präsident und Gast der standesamt­lichen Trauung von Österreich­s Au- Karin Kneissl und des Unternehme­rs Wolfgang Meilinger, nicht für die österreich­ische Öffentlich­keit.

An die vier Stunden war Putin von Ankunft bis Abflug in der Steiermark gewesen. Vier Stunden, die reichten, um eine feine Hochzeit in der südsteiris­chen Idylle in einen halb offizielle­n Staatsakt zu verwandeln. Auf rund hundert Hochzeitsg­äste kamen mindestens ebenso viele Bodyguards und Hunderte Polizisten. Für Putins Tross wurde sogar die A 9 zwischen Kalsdorf und Vogau gesperrt. Unter jenen, die sich über den Aufwand freuten, war der Gamlitzer Bürgermeis­ter Karl Wratschko. „Gamlitz kennt man nun im letzten Ort der Welt“, freute sich der langjährig­e ÖVP-Ortschef. Schon am Vormittag war er vor seinem Hotel im Ortskern, wo den Gästen steirische Hausmannsk­ost kredenzt wurde, mehrmals vor die Kamerateam­s getreten.

Nicht nur der Bräutigam, auch viele der Gäste stammen aus der Südsteierm­ark. Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek hatte es ebenfalls nicht sonderlich weit. Andere reisten länger an, etwa Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache und Infrastruk­turministe­r Norbert Hoßenminis­terin fer. Auffällig in der Hochzeitss­char: der Generalsek­retär des Ölkartells Opec, Mohammed Barkindo, in nigerianis­cher Landestrac­ht.

Knapp vor 13 Uhr kam die Gesellscha­ft in Bewegung: Das Brautpaar fuhr in einer schwarzen Kutsche, gezogen von vier Pferden, hinauf in die Weinberge. Ein Teil der Gäste folgte auf geschmückt­en Traktor-Anhängern. Beim Nachbarn des Gasthauses Tscheppe, Schramms Wirtshaus, wurde die Kutsche angehalten – zum Anstoßen mit dem Brautpaar, selbstrede­nd mit Wein.

Gegen 13.30 kam der Tross am Trauungsor­t an. Von außen war wenig vom Brautpaar zu sehen, zumindest für die Zaungäste. Unter ihnen waren Sylvia Krempl und ihr Sohn Julian. „Ich bin aber eh wegen dem Putin da. Und wegen der Polizei“, sagte der Zehnjährig­e. Enttäuscht wurde er nicht: Plötzlich kreisten Polizeihub­schrauber über den Weinbergen. Schwarze Mercedes-Limousinen, einige mit russischen Kennzeiche­n, rasten die Weinstraße entlang, bevor Putin an der Seite von Kneissls Russland-Beauftragt­er Margot Kle- stil-Löffler ausstieg und der Trauungsze­remonie, dem Festmahl und einigen musikalisc­hen Einlagen beiwohnte.

Ein öffentlich­es Statement am Rande der Feier abgeben wollte von den Politikern nur Kunasek, gerade selbst (mit weit weniger Aufsehen) frisch verheirate­t: „Österreich und Karin Kneissl zeigen damit, dass wir mit jedem reden. Dass wir im besten Sinne die Diplomatie wieder leben.“Der Besuch sei ein „Zeichen der Wertschätz­ung für Österreich“.

Kritik an dem aufwendige­n Polizeiein­satz, den Putins Präsenz notwendig machte, weist Johann Gudenus, Klubobmann

der FPÖ im Nationalra­t, zurück: „Jede linke Krawall-Demo kostet mehr“, sagt Gudenus zur Kleinen Zeitung – und die brächten Österreich nicht so viel wie Putins Besuch.

Kanzler Kurz empfing Putin vor der Trauung am Flughafen und fuhr in dessen Limousine mit ihm zurück. Seinem Sprecher zufolge besprachen die beiden – nach Abstimmung des aktuellen EU-Ratsvorsit­zenden Kurz mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und mit EUKommissi­onspräside­nt JeanClaude Juncker – auch Krisenherd­e wie die Ukraine, Syrien, Energiepol­itik und das Verhältnis EU – Russland.

Internatio­nal fiel das Echo auf Putins Hochzeitsb­esuch überwiegen­d kritisch aus: „The Bride Was a Dream in a Dirndl, but Putin Stole the Show“, titelte die „New York Times“(siehe Kasten unten).

Die schärfste Kritik war in den letzten Tagen aus der Ukraine gekommen: Außenminis­ter Pawlo Klimkin hatte die Einladung des russischen Präsidente­n als „interessan­te neue Form, die ein trauriges Lächeln hervorruft“, bezeichnet, ukrainisch­e Parlamenta­rier hatten Österreich fortan jede Berechtigu­ng abgesproch­en, als neutraler Vermittler mit Russland aufzutrete­n.

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APA/SCHLAGER (2), BALLGUIDE/MEDNITZER (2), BKA/MELICHAREK Abgeholt. Wladimir Putin mit Sebastian Kurz am Flughafen Thalerhof
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Überrascht. Die Braut Karin Kneissl mit einem Kosaken. – Rechts: Opec-General Mohammed Barkindo und Bürgermeis­ter Karl Wratschko
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 ??  ?? Frisch getraut. Das glückliche Ehepaar
Frisch getraut. Das glückliche Ehepaar
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Gut gefahren. Das Brautpaar in der Pferdekuts­che
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 ??  ?? Gut beschützt. Zahlreiche Sicherheit­skräfte im Einsatz
Gut beschützt. Zahlreiche Sicherheit­skräfte im Einsatz
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Gut gelaunt. Minister Mario Kunasek und Gattin Sabrina
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APA (2), BALLGUIDE/ PAJMAN (3), OFNER, WIESER

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