Kleine Zeitung Kaernten

Glamour oder echte Sehnsucht

- Hans-Peter Premur,

katholisch­er Priester in Krumpendor­f

Jesus verordnet seinen Mitarbeite­rn, den Aposteln, Urlaub. Im Evangelium vom vorigen Sonntag schickt er sie gleichsam in die Arbeit zu ihrer Mission, heute möchte er, dass sie sich erholen. Aber aus diesem Plan wird nichts. Jesus und seine Truppe sind bereits Promis und wie das so ist, werden sie von den Massen von Neugierige­n und Bedürftige­n gestalkt.

Vor Kurzem sah ich einen Film der BBC über Paul McCartney, den zum englischen Sir geadelten Leadsänger der Kultband The Beatles. Er ging durch die Straßen seiner ehemaligen Jugendzeit und ein Journalist begleitete ihn. Wohin sie nun gingen, es bildete sich sofort eine große Traube von Menschen, die den Star fotografie­rten und filmten. Die Leute kreischten wie in alten Zeiten und an ein ruhiges Interview war nicht zu denken.

So muss es vielen berühmten Menschen gehen, dachte ich mir. Ein Leben als Star hat auch seine großen Schattense­iten. Ich fragte mich nach dem tieferen Grund für dieses Verhalten von uns Menschen und wurde nicht gleich fündig. Was suchen wir, wenn wir

vom Promifakto­r angezogen werden? Ein Selfie? Was habe ich letztlich von einem Autogramm? Was habe ich davon, dass ich in der Nähe von wichtigen Leuten meine Contenance verliere?

Als ich dann zwei Tage später das vorliegend­e Evangelium gelesen habe, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Wir Menschen suchen Nahrung für unsere Seele, wir Menschen brauchen spirituell­e Belehrung. Nicht inhaltslos­e Begeisteru­ng ist es, die uns treibt, sondern verborgen hinter dieser Glamoursuc­ht ist die tiefe Sehnsucht nach Sinn und geistiger Orientieru­ng.

Das war auch zu Zeiten Jesu so. Immer wieder berichten die Texte, dass Menschenme­ngen seiner Lehre, seiner Predigt lauschten. Manchmal auch für eine lange Zeitspanne. Deshalb ist es heute notwendig, dass wir uns Zeit und Ruhe gönnen, am besten an einem einsamen Ort, und uns Belehrung und Nahrung für unsere Seele suchen, indem wir ein gutes Buch lesen, die Natur staunend wahrnehmen oder uns lange in die Stille eines meditative­n Gebetes versenken.

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