Ein heikler Neun-StundenBesuch: Russlands Präsident Putin kommt heute nach Wien.
Bereits zum sechsten Mal wird Wladimir Putin heute zu einem Besuch in Wien empfangen. Seit den 50er-Jahren betont Wien seine Brückenfunktion zwischen Ost und West – wenngleich diese auch für Unmut sorgt.
Die Vorbereitungen auf den Putin-Besuch laufen auf Hochtouren: Zum insgesamt sechsten Mal bereits ist Wladimir Putin heute in Wien zu Besuch. Die Häufigkeit und Kontinuität der Besuchsdiplomatie, die auch unter dem Druck der Krim- und SkripalAffäre nicht abriss, liegt einerseits am freundschaftlichen Verhältnis der hiesigen Staatsspitzen zum Kreml-Chef und andererseits an dessen beträchtlich langer Amtszeit. 18 Jahre ist der 65-Jährige bisher im Amt. Um sechs weitere Jahre hat er sie mit einer nicht unumstrittenen Präsidentenwahl im März verlängert. Alexander Van der Bellen ist heute bereits der dritte österreichische Bundespräsident, mit dem Putin zusammentrifft. Mit dessen Vorgängern Heinz Fischer und Thomas Klestil verband den Kreml-Chef ein herzliches Verhältnis. Gestern Abend feierten die OMV und der russische Gazprom bei einer Galaveranstaltung in Wien ihre langjährige Partnerschaft. Vor 50 Jahren hatte Österreich als erstes westliches Land mit der damaligen Sowjetunion einen Gas-Liefervertrag geschlossen.
OMV-Chef Rainer Seele rezitierte seinem Gegenüber, GazpromChef Alexej Miller, der auf der US-Sanktionsliste steht, zum Dank für die russische Freundschaft ein Ringelnatz-Gedicht. Auch der frühere deutsche Kanzler Gerhard Schröder, heute Gazprom-Lobbyist, feierte mit. Umrahmt wurde das Galadiner von einem künstlerischen Programm unter anderem mit dem Wiener Staatsballett.
800 Polizisten werden heute im Einsatz sein. Der genaue Ablaufplan des Besuchs wurde – wohl aus Sicherheitsgründen – immer wieder abgeändert. Ab 11.30 Uhr werden die Hofburg, ein Teil des Heldenplatzes, der Ballhausplatz und das Bundeskanzleramt gesperrt. Laut der- zeitigem Stand soll Putin um 13.30 im Inneren Burghof von Van der Bellen mit militärischen Ehren empfangen werden. Danach ist ein Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorgesehen, dem folgt ein Sechs-Augen-Gespräch unter Einbezug von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Am späteren Nachmittag besucht Putin die Wirtschaftskammer. Wie üblich werden Scharfschützen auf den Dächern für den Schutz des prominenten Gastes sorgen.
Putins Nähe zu Österreich hat bereits Tradition. Schon 2001, nach seiner ersten Wahl zum Präsidenten, führte sein allerGas-Monopolist
erster offizieller Staatsbesuch ins weiter entfernte Ausland Putin nach Österreich. 2014 war es Österreich, das Putin nach der Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel als erstes Land wieder empfing. Kritik kam damals aus dem In- und Ausland. „Man weiß, dass Putin die Europäische Union spalten will“, merkte etwa der schwedische Außenminister Carl Bildt an.
Damals wie heute argumentiert die österreichische Politik mit der Brückenfunktion Österreichs. Er halte es „für ein Glück, dass wir mit Russland so ein solides Fundament für den Dialog haben“, erklärte Sebastian Kurz gestern in einem Interview mit der staatlichen russi- schen Nachrichtenagentur. Innerhalb der türkis-blauen Koalition liegt man in Bezug auf die Sanktionen, die wegen der Ukraine-Krise verhängt wurden, nicht ganz auf der gleichen Linie. Kurz betonte gestern, dass Österreich aktiv an der Ausarbeitung und Umsetzung der EU-Linie teilnehme. Die Gewährleistung eines funktionsfähigen Waffenstillstands in der Ostukraine könnte einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und Russland leisten. Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte dagegen kürzlich erklärt, es sei höchste Zeit, diese „leidigen Sanktionen zu beenden“.