Zwischen Petersplatz und Gefängnis
Während Roms Altstadt sich mit einem Meer von Touristen füllte, begann für den Papst eine besonders anspruchsvolle Karwoche.
Wie Papst Franziskus die Karwoche begeht, welche Zeichen er setzt und welche Botschaft ihm wichtig ist.
Ostern naht – was nicht zuletzt auch ein besonders forderndes Programm für jeden Papst bedeutet: Gestern zelebrierte Franziskus auf dem Petersplatz die liturgische Feier zum Palmsonntag als Auftakt der Karwoche. Zur Begrüßung schwenkten die in Rom versammelten Pilger Ölzweige. Diese erinnerten an den Einzug Jesu in Jerusalem, während die Verlesung der Passionsgeschichte bei der Messe bereits das Gedenken an Kreuzigung und Auferstehung vorwegnahm.
Es ist Zeit für mannigfaltige Botschaften: So überreichten zum Abschluss der einwöchigen Vorsynode über Jugend und Kirche im Vatikan junge Menschen dem Papst ihr Abschlussdokument mit eingehenden Forderungen. „Die Kirche muss Junge in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen“, heißt es in dem von Katholiken, Gläubigen anderer Religionen und Atheisten aus aller Welt erstellten Dokument. Und die Kirche müsse transparenter werden. Dass Franziskus nach der Palm- sonntagsmesse für Selfies zur Verfügung stand, kam bei den Jugendlichen gut an. Nach ihrer Abreise begann für den Papst der eigentliche Ostermarathon.
Einmal mehr wird Franziskus die rituelle Fußwaschung nicht an Geistlichen vornehmen, wie dies seine Vorgänger taten. Am Gründonnerstag wird er stattdessen in das Gefängnis in der römischen Altstadt fahren, um mit Häftlingen die Abendmahlsmesse zu feiern. Trotz seines Alters wird er dabei Gefangenen unterschiedlicher religiöser Herkunft einzeln die Füße waschen und küssen. Auch Frauen waren in den letzten Jahren unter den Häftlingen, vor denen der Papst niederkniete. Überraschend wird er auch jenen Trakt besuchen, in dem Sexualstraftäter einsitzen. Da diese zudem in der Hierarchie der Gefangenen die unterste Kategorie darstellen, gehören sie zu Außenseitern, um die die Kirche sich laut Franziskus besonders bemühen muss.
Die Messe im Gefängnis wird bereits die zweite Liturgie sein, die der Papst am Gründonnerstag feiert. Denn am Morgen
steht im Petersdom der Gottesdienst zur Weihe der Öle auf dem Programm, mit denen im Verlauf des Jahres die Sakramente gespendet werden.
Besonders spektakulär fällt am Karfreitag der Kreuzweg mit dem Papst am Kolosseum aus. Er erinnert an den Gang Jesu in Jerusalem zu seiner eigenen Kreuzigung auf dem Kalvarienberg. Das Kolosseum erstrahlt am Abend im Licht unzähliger Fackeln. Die Meditationen zu den einzelnen Kreuzwegstationen ließ der Vatikan in diesem Jahr von Schülern und Studenten verfassen. Als sei Jesus einer von
ihnen, treten sie in ihren Texten in einen persönlichen Dialog mit dem Erlöser, der dabei auch Verständnis für Facebook und WhatsApp haben muss. „In der Welt des Internets von heute sind wir so sehr von dem geprägt, was im Netz zirkuliert, dass ich manchmal meinen eigenen Worten nicht glaube“, wird es an der elften Kreuzwegstation heißen. Nach der bewegendsten aller römischen Prozessionen am Kolosseum wird auch im Vatikan einen Tag lang zum Zeichen der Trauer keine Messe gefeiert. Mit Rücksicht auf das Alter des Papstes beginnt die Osternacht im Petersdom am Samstagabend bereits um 20.30 Uhr. In der zu Anfang der Feier in Dunkel gehüllten Basilika verbreitet sich als Symbol der Auferstehung Kerzenschein.
Am Ostersonntag geht es für den Papst dann mit der großen Ostermesse auf dem Petersplatz weiter. Wenn er den Ostersegen „Urbi et orbi“(der Stadt und dem Erdkreis) spenden wird, werden Zehntausende Menschen ihm auf dem Petersplatz zujubeln. In seiner Osterbotschaft dürfte Franziskus auch dieses Jahr auf die zahlreichen Konflikte hinweisen, vor denen Millionen Menschen weltweit fliehen.