Ein Manifest für die offene Gesellschaft
Die offene Gesellschaft hat einen entscheidenden Nachteil: Sie ist angreifbar und damit verletzlich. Sie ist akut bedroht, wie es der Sozialpsychologe Harald Welzer in seinem Essay „Wir sind die Mehrheit“(Fischer, 124 Seiten, 8,30 Euro) festhält. Er hält es für dringend gegeben, dass der öffentliche Diskurs nicht den Lautesten überlassen wird. Eine offene lässt sich nur mit einer gesunden und aktiven Bürgerschaft erhalten. Wenn sich die schweigende Mehrheit aus Frust in die politische Passivität zurückzieht und ihren Unmut hauptsächlich in Wahlenthaltsamkeit äußert, dann ist das ein alarmierendes Zeichen und ruft nach einer Neubesinnung. Doch warum überhaupt eine offene Gesellschaft erhalten? Weil sie „uns allen die Freiheit eröffnet, sie nach unseren Bedürfnissen und Wünschen mitzugestalten“. Sie legt uns aber auch die „persönliche Verantwortung“auf, „aktiv für diese Gesellschaft einzutreten und sie zu schützen“. Das fällt so schwer wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg, denn große Visionen sind abhandengekommen und der Wohlstand hat träGesellschaft ge gemacht.
Welzer ist häufiger Gast in Talkshows, weil er Wissenschaftler und Intellektueller ist, trotzdem uneitel und unaufgeregt, hauptsächlich an der Sache interessiert. Sein Manifest ist ein lesenswerter Beitrag gegen die Angriffe auf die offene Gesellschaft.