Ohnmacht des Trump
Nordkorea testet munter Raketen. Japan und Amerika geben sich empört, während sich China und Südkorea zurückhalten, ohne dass konkrete Schritte gesetzt werden.
In drei Wochen feuerte Nordkorea ebenso viele Testraketen ab. Die gestern gezündete landete in japanischen Hoheitsgewässern. Der Protest aus Tokio erfolgte schnell und schrill: Dort würden viele Fischerboote und Handelsschiffe verkehren. Der japanische Premier sagte, er werde „in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen spezifische Maßnahmen ergreifen, um Nordkorea abzuschrecken“. Dabei sind schon alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen worden, und Pjöngjang gibt sich unbeeindruckt. Dazu veröffentlichte Nordkorea ein undatiertes Foto von Jungdiktator Kim Jong-un, das diesen lachend und selbstbewusst im weißen Jackett zeigt, flankiert von lachenden Militärs. Die Botschaft: Kim fürchtet nichts und niemanden.
Der erst am 10. Mai eingesetzter südkoreanische Präsident Moon Jae-in sagte, er berufe seinen Sicherheitsrat ein, um den Test zu diskutieren. Moon verzichtete bewusst auf eine scharfe Verurteilung, plädierte er im Wahlkampf doch für einen Dialog. Die Provokationen dürften ihm reichlich Kopfzerbrechen bereiten, hat der streitlustige Nachbar seither noch kein einziges Signal der Gesprächsbereitschaft geliefert – und dies, obwohl Moon als Befürworter der Wiedervereinigung gilt und die Sonnenscheinpolitik von Friedensnobelpreisträger Kim Dae-jung wieder einführen will, von der Nordkorea profitierte.
Mit Moons Weigerung distanziert er sich auch von seiner Schutzmacht USA, die mit der Stationierung von einem Raketenabwehrschirm im Süden begonnen hat. Der Entscheid für die Stationierung war vor der Amtsübernahme gefallen, im Wissen, dass der liberale Präsident der weiteren Militarisierung der Konfliktzone Steine in den Weg legen würde.
Ausgerechnet Pjöngjangs letzter Verbündeter schweigt. Zugegeben, China hat seine liebe Mühe, den störrischen Nachbarn in die Schranken zu weisen. Die wenigen von Peking erlassenen, von der UNO aufdik- tierten Handelsschläge bremsen Pjöngjang zu wenig aus. Vielleicht will China die Nordkoreaner auch gar nicht abstrafen. China reagierte bekanntlich brüskiert darüber, dass Washington in Südkorea modernste Kriegstechnologie stationiert, die auch gegen China eingesetzt werden kann. Wenigstens ergriff US-Präsident Donald Trump das Wort für die schweigenden Chinesen und schrieb auf Twitter, Nordkorea zeige „große Respektlosigkeit gegenüber China“, das sich „große Mühe gibt“. Mehr blieb ihm – der am 2. Jänner selbstbewusst twitterte, einen neuen Raketentest „wird es nicht geben“S – diesmal nicht zu sagen. eit Jänner hat Nordkorea acht Raketen verschiedener Bauart und Reichweite abgefeuert. Nichts könnte die Ohnmacht Trumps klarer verdeutlichen. Pjöngjang wird sich hüten, eine rote Linie zu überschreiten. Die Provokationen bewegen sich in berechenbarem Rahmen, ohne eine kriegerische Provokation darzustellen. Nordkorea wird weiter provozieren, bis sich auch die Amerikaner zum Gesprächsmodus durchringen können.