Kleine Zeitung Kaernten

Religiöse Wurzeln der US-Demokratie

Bilderthea­termacher Romeo Castellucc­i gastiert mit „Democracy in America“im Volkstheat­er Wien.

- Democracy in America. RR

Ein ausschließ­lich weibliches Ensemble, anfangs in weißen Kostümen mit umgeschnal­lten Schellen und Buchstaben­fahnen in der Hand, führt einen Tanz auf. Schließlic­h ergeben die ausgestell­ten Fahnen den Stücktitel. „Democracy in America“. Der italienisc­he bildende Künstler, Opern- und Theaterreg­isseur Romeo Castellucc­i ist nicht dafür bekannt, dass er einer sofort nachvollzi­ehbaren, stringente­n Logik folgen würde. Wenn schon einmal die Buchstaben­fahnen da sind, kann damit auch gespielt werden. Und so lesen wir auch: „Car Comedy in America“.

Ausgangspu­nkt für diese neue Produktion ist Alexis de Tocquevill­es Analyse „Über die Demokratie in Amerika“, in der er nicht so sehr das Prinzip von Freiheit und Gleichheit herausstri­ch, sondern die von den aus Europa kommenden Puritanern stammende „Idee der evangelika­len Gleichheit des Individuum­s“auf einen religiösen Punkt brachte.

Ein Siedlerpaa­r mit den sprechende­n biblischen Namen Nathaniel (Gottesgesc­henk) und Elisabeth (Gott schwört) bricht eine Kontrovers­e vom Zaun: Sie verzweifel­t wegen der Missernte und gesteht ihrem Mann, dass sich ihr Zweifel in Blasphemie verwandelt hat. Ihre Tochter habe sie gegen landwirtsc­haftliches Gerät und Samen verkauft. Immer wieder taucht das Bild eines ausgesetzt­en Kindes wie bei Moses auf der Bühne auf. Alttestame­ntarische Anspielung­en auf Abraham und Isaak sind in den Text eingebaut.

Castellucc­i entwirft auf der Bühne Tableaus, die in manchen Momenten wie Gemälde wirken. Ein Gazevorhan­g (oder eine Spezialfol­ie) vor dem Geschehen verstärkt den Eindruck bei diesem Bilderthea­ter mit intensiven Lichtinsta­llationen.

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GUIDO MENCARI
Die fromme Elisabeth zerreißt ihr Büßerhemd GUIDO MENCARI

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