Feuertaufe für Haller
Morgen beginnt für den Klagenfurter Marco Haller seine erste Tour de France. Der Debütant im Interview.
Morgen beginnt die 102. Auflage der Tour de France mit einem Einzelzeitfahren in Utrecht. Wie schauen Ihre letzten Vorbereitungen auf den Start aus? MARCO HALLER: Wir bereiten uns mit dem Katjuscha-Team schon in denNiederlanden auf das erste Rennen vor. Gestern gab es die letzten medizinischen Untersuchungen und außerdem die Mannschaftspräsentation inklusive einiger Medientermine. Heute gibt es noch ein leichtes Training, aber die Regeneration steht im Vordergrund.
Was erwarten Sie sich vomAuftakt? HALLER: Topografisch gesehen wirkt der Auftakt auf den ersten Blick vielleicht einfacher, dafür werden die Rennen umso schwieriger. Alle Fahrer gehen ausgeruht und topfit an den Start.
Sie sind das erste Mal bei einer dreiwöchigen Rundfahrt mit dabei, noch dazu geben Sie Ihre Premiere bei der Tour de France. Sind Sie schon nervös? HALLER: Mich wundert es selbst, doch imMoment bin ich noch gar nicht nervös. Aber ich denke, das wird noch kommen. Außerdem bin ich sehr stolz, dass ich für Katjuscha starten darf. Es ist schon etwas Besonderes, dass meine erste dreiwöchige Rundfahrt genau die Tour de France ist, sozusagen meine Feuertaufe. Aber aufgrund meiner letzten Leistungen bin ich zuversichtlich, dass alles gut klappen wird und ich es schlussendlich auch bis Paris schaffen werde.
Wie lauten Ihre Ziele für die erste Tour? HALLER: Meine Tour-Teilnahme ist zu 100 Prozent Alexander Kristoff gewidmet, da gibt es keine Kompromisse. Aber wie sich die einzelnen Etappen entwickeln werden und ob sich vielleicht die Chance ergibt, einmal vorne dabei zu sein, wird man sehen.
Sie haben Katjuscha-Star und Tour-Mitfavoriten Alexander Kristoff angesprochen. Sie zählen zu den wichtigsten Helfern des Norwegers. HALLER: Er braucht Leute, die ihm die Siege vorbereiten. Das ist mir zuletzt schon gut gelungen und deswegen bin ich jetzt auch bei der Tour mit dabei. Man ordnet das eigene Rennen so unter, damit Alexander so weit wie möglich vorne ist. Wenn er schließlich gewinnt, fühlt es sich für mich genau so an, wie wenn ich selbst der Sieger bin.
Wie groß ist in Ihrer Rolle als Helfer derRespekt vor den berüchtigten Bergetappen? HALLER: Natürlich gibt es gefürchtete Höhepunkte wie Alpe d’Huez oder die Berge in den Pyrenäen. Aber deshalb lese ich mir jetzt nicht das Programmheft durch und lasse mich davon verrückt machen, welche Anstiege und Berge bei den jeweiligen Etappen auf mich warten. Es gibt heute ohnehin einige Fahrer, die sich auf den Bergen schwerer tun als
ich. Aber ich bin mir sicher, dass Tage kommen werden, an denen ich die Zähne zusammenbeißen muss.
Selbstvertrauen gibt Ihnen mit Sicherheit der vor Kurzem errungene österreichische Staatsmeistertitel im Straßenrennen sowie der Gesamtsieg bei derNorwegenRundfahrt. Wie sehr hilft das? HALLER: Nicht nur wegen der österreichischen Staatsmeisterschaften ist die Saison für mich bisher einfach unglaublich verlaufen. Aber durch meinen Sieg bin ich sehr stolz, dass ich bei der Tour mit dem rot-weiß-rotenTrikot des Staatsmeisters antreten darf. Das ist für einen Rennfahrer schon eine große Ehre.
Obwohl mit Bernhard Eisel eine fixe Größe des österreichischen Radsports bei der Tour fehlt, sind neben Ihnen mitMatthias Brändle und Georg Preidler zwei weitere Österreicher am Start. Was trauen Sie ihren Kollegen zu? HALLER: Bei Matthias Brändle bin ich mir sicher, dass er bei der einen oder anderen Etappe etwas raushauen wird. Das hat er bereits bei der Tour de Suisse eindrucksvoll bewiesen. Georg Preidler wird ähnlich wie ich als Helfer auftreten. Daher wird er für Laien vor dem Fernseher während der Etappen wohl eher nicht herausragen. Dennoch ist er ein sehr zuverlässiger Fahrer. Allgemein muss man einmal hervorheben, dass wir alle drei erst Mitte 20 sind. Daher kann man sagen, dass eine neue Generation an Radsportlern für Österreich an den Start geht.
Was sagen Sie dazu, dass Lance Armstrong (Anm.: Dem US-Amerikaner wurden wegen Dopings alle sieben Tour-de-France-Siege aberkannt) imZuge einer CharityVeranstaltung am 16. und 17. Juli im Rahmen der Tour de France ein Rennen bestreiten wird? HALLER: Dazu möchte ich mich einfach nicht weiter äußern. Wie bereits vorher gesagt: Zumindest was uns Österreicher betrifft, steht eine neue Generation bei der Tour am Start.
INTERVIEW: UWE BLÜMEL