Kleine Zeitung Kaernten

Werch ein illtum

Am 1. August wäre Ernst Jandl 90 Jahre alt geworden. Die Zeitschrif­t „manuskript­e“präsentier­t unveröffen­tlichte Texte aus seinem Nachlass.

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ANDREAS UNTERWEGER

Ernst Jandlwar ein experiment­eller Dichter – und gilt doch als „Popstar der Literatur“. Seine bekanntest­en Gedichte, „schtzngrmm“oder „ottos mops“, zeichnen sich eben nicht nur durch radikale poetische Verfahren, sondern auch durch Ohrwurmqua­litäten aus. Seine legendären Lesungen erinnerten in puncto Stimmung und Besucherza­hl tatsächlic­h oft eher an PopKonzert­e. Populär ist Jandl heute aber auch insofern, als sein Werk unsere Alltagsspr­ache geprägt hat wie kaum ein anderes – man denke nur an Redewendun­gen wie „lechts und rinks“, „werch ein illtum!“oder „laut und luise“.

Doch selbst bei einem modernen Klassiker wie dem 2000 verstorben­en Wiener gibt es noch viel zu entdecken. Sehr viel sogar. 650 Archivboxe­n und mehr als 200 Großformat­mappen füllt sein Nachlass im Literatura­rchiv der Nationalbi­bliothek. Ein Teil dieses Schatzes wird nun in der Literaturz­eitschrift „manuskript­e“veröffentl­icht.

Diese Texte, großteils Briefe aus den 1960ern, zeigen Jandl nicht nur als brillanten­Autor, sondern auch als aktivenNet­zwerker. Im kulturell zurückgebl­iebenen Nachkriegs­österreich löste seine Schreibwei­se ähnlichen Widerstand aus wie den, dem sich Alfred Kolleritsc­h mit seinen „manuskript­en“gegenübers­ah. Ein Schultersc­hluss lag nahe.

Kolleritsc­h veröffentl­ichte den von ihm geschätzte­n Lehrerkoll­egen erstmals in Heft 9 – und dann immer wieder. Und Jandl? „Jandl war helfend“, erzählt Kolleritsc­h heute.

Wie diese Hilfe konkret aussah, lässt sich nun in den bislang unveröffen­tlichten Briefen nachlesen: Jandl stellte wichtige Kontakte her. Außerdem gab er seinen Grazer (Brief-)Freunden, darunter Gunter Falk und Wolfi Bauer, Ratschläge – Kolleritsc­h etwa den, die Leitung des Forums Stadtpark zu übernehmen, umgegen mediale Angriffe gewappnet zu sein. Und anfangs übernahm er es sogar höchstpers­önlich, die „manuskript­e“inWien zu vertreiben.

Vor allem aber schlug Jandl neueAutore­n vor. So setzte er sich für Oswald Wieners Roman „die verbesseru­ng mitteleuro­pas“ein, dessen Veröffentl­ichung in den „manuskript­en“für Aufregung sorgen sollte. Auch Peter Weibel und Elfriede Jelinek (!) wurden von ihm empfohlen.

Höhepunkt der freundscha­ftlichen Zusammenar­beit zwischen Kolleritsc­h, Jandl und dessen großer Liebe Friederike Mayröcker war zweifellos die 1973 erfolgte Gründung der Grazer Autorenver­sammlung. Damals eine progressiv­e Alternativ­e zum österreich­ischen PEN-Club, ist die GAV heute die größte Schriftste­llerver-

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