Baby die Arme
Ein Neugeborenes wurde schwer misshandelt. Doch die Ärzte merkten nichts von den Brüchen und Hirnblutungen. Nun ist derVater angeklagt.
MANUELA KALSER
Sie war ein Frühchen. Doch sie entwickelte sich prächtig. Am 21. November 2013 wurde das zwei Monate alte Mädchen aus dem Klinikum Klagenfurt entlassen. In denWochen darauf wurde das Baby von seinen Eltern zwei bis drei Mal ins Spital gebracht und etwa neun Mal zur Kinderärztin – zu Kontrollen, Impfungen oder wegen häufiger Weinkrämpfe. Die Ärzte diagnostizierten Bauchkoliken. Doch das Wesentliche sahen sie nicht: Das Baby war schwer misshandelt worden. Arme, Rippen und Beine des Neugeborenen waren mehrfach gebrochen. Und es hatte Blutungen im Gehirn.
Angelastet werden diese Verletzungen nundemVater (28) des Kindes. Der Kärntner ist vorbestraft – unter anderem wegen Mordversuchs. Am Mittwoch sitzt er vor Gericht und sagt: „Ich tat meiner Tochter nie weh.“Er und seine Frau hätten bereits ein Kind verloren, weil es gleich nach der Geburt gestorben ist. „Wir wollten dieses zweite Baby unbedingt.“Für Verteidiger Philipp Tschernitz stellt sich die Frage, „warum nur der Vater angeklagt ist und nicht auch die Mutter“.
Mehrere Gutachter sagen, dass die Brüche und Hirnverletzungen „durch heftiges, gewaltsames Hin- und Herschütteln entstanden sind“. Es habe mindestens drei Angriffe gegeben. In einem Gutachten ist sogar von 38 Knochenbrüchen die Rede. Warum das so lange – vom 23. November 2013 bis zum 15. Jänner 2014 – niemand bemerkt hat, obwohl das Mädchen in der Zeit bei Ärzten war? Ein Gutachter sagt: „Es waren keine äußerlichen Verletzungen sichtbar.“Also keine blauen oder roten Flecken. Generell sagen die Sachverständigen, müssen bei derartigen Fällen keine äußeren Verletzungszeichen wahrnehmbar sein. Und wenn das Kindweine, könne das durchaus auch als Bauchkolik gedeutet werden.
Wobei eine Kinderärztin im Dezember 2013 zumindest ein Hämatom an der Stirn des Babys beschrieben hat. Im Jänner 2014, als die Ärztin bemerkte, dass der Kopfumfang des Kindes zu groß war, wurde es ins Klinikum überwiesen. Da wurde das Ausmaß der Verletzungen bekannt und Anzeige erstattet. Beim Baby ist mit Langzeitschädigung des Gehirns zu rechnen. Der Prozess gegen den Vater wurde vorerst vertagt. Es saßwegen der Misshandlungs-Vorwürfe nicht einen einzigen Tag in Untersuchungshaft.