Eintauchen in einen Bilderkosmos
Ein Kosmos aus Bildern und Klängen: Achim Freyer entrückt die Sciarrino-Oper „Luci mie traditrici“in magisch-mythischeWelten.
WIENER F E STWOCHEN
Das Auge sucht bis zum Schluss nach Halt, versucht sich im Bilderkosmos zu verorten, der sich auf der Bühne entfaltet: Wenn Achim Freyer Salvatore Sciarrinos Oper „Luci mie traditrici“im Rahmen der Wiener Festwochen inszeniert, dominiert visuelle Poesie die Halle E des Museumsquartiers. Das Publikumnahm sieamSamstagabend mit Jubel auf.
Das Musiktheaterwerk des heute 68-jährigen Italieners Sciarrino wurde 1998 uraufgeführt. Als motivische Inspiration diente die Lebensgeschichte des Komponisten und Adeligen Don Carlo Gesualdo. Der Fürst von Venosa ermordete im16. Jahrhundert seine Frau und deren Liebhaber. AlsKondensat verdichtet Sciarrino die Thematik gekränkter Liebe, Eifersucht und Ehrverletzung auf ei- nen Tag, in dem die Höhen und Abgründe menschlichen Empfindens durchmessen werden.
Lynch lässt grüßen
Musikalisch ist „Luci mie traditrici“(„Meine verräterischenAugen“) dabei eher Klanginstallation und Geräuschkulisse, die immer wieder von Semirezitativen der Sänger unterbrochen wird, denn Oper im engeren Sinne. Die Melodien werden pulverisiert, zerstäuben sich, wobei ein stetes Grundrauschen durch das Klangforum wie bei David Lynchs Filmen eine beständige Spannung hält.
Der Allroundkünstler Freyer, der bereits Sciarrinos „Macbeth“bravourös inszenierte, beschleunigt das meditative Geschehen nicht, sondern setzt ihm seinen statischen Bilderkosmos aus Fi- guren gegenüber, die durchaus auch vom nahen Life Ball stammen könnten. Schwebende Plattformen dienen den Charakteren als Bühnenfläche, wie von Zauberhand tauchen in perfekter Lichtregie Gegenstände und Projektionen auf und verschwinden ebenso mysteriös wieder. Ein lyrisches Vexierbild, das staunen macht.
Weniger
geglückt
ist da
das Präludium „Tag aus Nacht ein“, ein Eigenwerk von Freyer. Eine grillenumzirpte Nacht wechselt wie von Zauberhand mit von Alltagsgemurmel untermalten Tableaux vivants, die ausKulturversatzstücken wie Dorothys rotem Schuh aus dem „Zauberer von Oz“bestehen. Allerdings hat Freyer das Geschehen auf einer niedrigen Ebene oberhalb des Orchestergrabens positioniert,