Grusel Kabinett
Die Ausstellung „Böse Dinge“imWiener Hofmobiliendepot erklimmt den Gipfel des schlechten Geschmacks.
Dafür, dass sich über Geschmack angeblich nicht streiten lässt, scheiden sich die Geister erstaunlich oft an der Frage, ob etwas schön oder hässlich, geschmackvoll oder eben geschmacklos ist. So richtig los gingen die Diskussionen Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Massenproduktion Geschmacklosigkeiten aller Art in großen Stückzahlen in die Wohnzimmer schwemmte. Einem deutschen Kunsthistoriker waren sie ein Dorn im Auge: Gustav E. Pazaurek versuchte den schlechtenGeschmack 1912 mit einem komplexen Kriterienkatalog dingfest zu Leidenschaftlich beschrieb er das Schlechte, das sich in Mängeln handwerklicher Ausführung, Gestaltung oder Funktionsfähigkeit manifestiert. Aber es ging Pazaurek nicht nurumdie Optik: „Er wollte die Konsumenten dazu erziehen, hochwertige Produkte zu kaufen“, sagt Aus- stellungskuratorin Renate Flagmeier. Als Vorstand der kunstgewerblichen Abteilung im Landesgewerbemuseum Stuttgart trug er rund 900 „böse“Gegenstände zu einem Gruselkabinett zusammen. Viele sind in der Ausstellung „Böse Dinge“zu sehen, die gerade im Wiener Hofmobilienmachen. depot angelaufen n ist. ist „Es Es ist keine kein Meisterschau, es werden nicht nur Glanzstücke gezeigt, sondern Beispiele dafür, wie man es nicht machen sollte“, erklärt Flagmeier die Idee, ausgesucht schlechtes Design zu zeigen. In der Schau werden Pazaureks fiese Fundstücke um zeitgenössische Objekte und sein klassischer Katalog um neue Kriterien ergänzt: 50 der 500 Exponate sieht man ihre Sünden streng nach dem Regelwerk nicht an. Es ist der zweifelhafte Herstellungsprozess, der ihnen den Schwarzen Peter zuspielt. Pazaurek würde im 21. Jahrhundert jedenfalls nicht fad werden.