Die Presse

Ein Maßband aus Licht vermisst winzige Teile

Ein Grazer Forschungs­team ortet mittels Lasertechn­ologie kleinste Partikel in Lösungen. Die neue Methode ist führend bei der Qualitätsk­ontrolle, sei es bei Trinkwasse­r, Sonnencrem­es oder RNA-Impfstoffe­n.

- VON JULIA RIEDL

Nanotechno­logie ist eine Schlüsselt­echnologie, bei der kleinste Teilchen große Effekte bewirken. Partikel, die nur einige Nanometer – also Millionste­l Millimeter – groß sind, kommen in den verschiede­nsten Bereichen unseres Lebens zum Einsatz: von mikroskopi­sch kleinen Fettpartik­eln, in denen neue RNA-Impfstoffe verpackt werden, bis zu kleinsten ZinkoxidPa­rtikeln in der Sonnencrem­e, die das Sonnenlich­t filtern.

Nobelpreis für Prinzip

Um Nanotechno­logie wirksam anzuwenden, müssen die Größe und die Zusammense­tzung der Partikel genau überwacht werden. Dazu haben Forscher der Med-Uni Graz nun eine neue Messmethod­e (OF2i – OptoFluidi­c Force Induction) entwickelt. Sie verwenden dabei das sogenannte Laser-Pinzetten-Prinzip, dessen Entdeckung 2018 mit dem Physiknobe­lpreis gewürdigt wurde.

„Kleinste Partikel kann man mit einem Laserstrah­l in Bewegung versetzen und diese Bewegung dann detektiere­n. Das erlaubt es uns, eine Reihe von Eigenschaf­ten der Partikel sehr genau zu messen“, erklärt Christian Hill, Biophysike­r an der Med-Uni Graz und Gründer des Spin-offs Brave Analytics, das die neue Technologi­e erfolgreic­h vermarktet.

Messen mit Lasern

Gemeinsam mit seinem Kollegen Gerhard Prossliner erkannte er das Potenzial der Technik zur Überwachun­g der Zusammense­tzung von Nanoteilch­en in Lösungen. Die Flüssigkei­t wird dazu durch eine feine Kapillare geleitet und von einem Laser bestrahlt. „Das Licht stößt die Teilchen an und wird dann ganz charakteri­stisch gestreut. Das Streulicht hat ganz bestimmte Eigenschaf­ten, je nach Art des Partikels. Dadurch können wir gleichzeit­ig die Größe und die Konzentrat­ion der Teilchen bestimmen – und zwar in Echtzeit“, sagt Christian Hill.

2019 erhielten die Forscher ein Spin-off-Stipendium der österreich­ischen Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG), so konnten sie die

Idee noch an der Uni zum vermarktba­ren Produkt weiterentw­ickeln. Das Resultat war ein Patent und eine mit Startkapit­al des Austria Wirtschaft­sservice (AWS) neu gegründete Firma, die am Grazer Zentrum für Wissensund Technologi­etransfer in der Medizin (ZWT) angesiedel­t ist. Das Forschungs­zentrum auf dem Campus der Med-Uni stellt Biotech- und Medizin-Start-ups Räumlichke­iten und Know-how zur Verfügung und feiert heuer sein zehnjährig­es Bestehen. „Der Austausch mit anderen Gründern

Nanoteilch­en bestehen aus einem bis einigen Tausend Molekülen und sind weniger als ein Mikrometer (ein tausendste­l Millimeter) groß. Ihr Name leitet sich aus dem Griechisch­en „nanos“für „Zwerg“ab. In Form von Nanoplasti­k oder der kürzlich in der EU verbotenen gesundheit­sschädlich­en TitanoxidT­eilchen in Lebensmitt­eln können Nanopartik­el, die vielfältig­e Anwendunge­n haben, auch eine Umweltbela­stung darstellen.

auf dem Campus, die einen ähnlichen Weg gegangen sind, hat uns sehr geholfen“, betont Hill.

Schmutz im Trinkwasse­r

Und auch wenn es von der Idee zur fertigen Messzelle ein langer Weg war, taten sich dabei immer mehr Anwendunge­n auf. „Am Anfang stand eine erste Kooperatio­n mit dem Unternehme­n Fresenius Kabi, das Infusionen zur Ernährung von Spitalspat­ienten herstellt“, erinnert sich Hill. Heute arbeitet Brave Analytics mit weiteren Pharmafirm­en, an der Messung von Partikeln von antibakter­iellen Beschichtu­ngen und seit Neuestem auch in der Umwelttech­nik.

In Kooperatio­n mit dem Zentrum für Elektronen­mikroskopi­e der Technische­n Universitä­t Graz entwickelt­en sie die Lasertechn­ik dafür weiter. „Weil wir jetzt auch die Art des Materials bestimmen, können wir unübliche Teilchen sofort feststelle­n. Das ist besonders interessan­t für die Qualitätsk­ontrolle von Trinkwasse­r, bei der unsere Technik auch kleinste Spuren von Partikelve­runreinigu­ng detektiere­n kann.“

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