Die Regierung plagt sich sogar mit dem Postenschacher
Das fix erwartete Personalpaket der Regierung für Nationalbank und Finanzmarktaufsicht wurde aufgrund von Streitigkeiten doch nicht präsentiert. Die politischen Postenvergaben sind damit aber keineswegs verhindert worden.
Kommentare über Postenschacher – die sind eigentlich ein „no-brainer“. Heißt: Große intellektuelle Anstrengungen sind nicht erforderlich. Denn die Vergabe von Jobs nach politischer Farbenlehre ist schlicht und einfach abzulehnen, weil abstoßend, ungerecht und ökonomisch problematisch. So kreativ die Begründungen für Postenschacher über die Jahre auch geworden sind, sie zu kommentieren ist schon fast langweilig geworden. Was, bitte, ist zu sagen, außer: „Nein, nein und nochmals nein“?
Doch nun stehen wir vor einer neuen Herausforderung: Am Mittwoch ist nämlich nichts passiert. Fix war mit einem sogenannten Personalpaket gerechnet worden, aber im Ministerrat gab es dafür kein grünes Licht. Dabei war alles schon längst auf Schiene. Denn die Regierung stand vor dem „gravierenden“Problem, dass Verträge von Führungskräften in der Nationalbank und in der Finanzmarktaufsicht erst nächstes Jahr auslaufen – somit die nächste Regierung hier das Sagen hätte. Was also tun? Sowohl das vierköpfige Direktorium der Nationalbank als auch der Vorstandsposten in der Finanzmarktaufsicht wurden deutlich früher ausgeschrieben. Weil ein Führungsvakuum aufgrund der bevorstehenden Nationalratswahl verNationalbank-Vizepräsidentin hindert werden soll, wie uns treuherzig mitgeteilt wurde. Ja, bei der Machtpolitik sind dem Innovationsgeist halt keine Grenzen gesetzt.
Dafür gibt es Hürden ganz anderer Natur. Machtpolitik dieser Art funktioniert nämlich nur, wenn alle Entscheidungsträger brav mitmachen und an einem Strang ziehen. Die Koalition aber ist so zerstritten, dass nicht einmal mehr der Postenschacher geht. Und damit kommen wir zur Herausforderung bei der Bewertung dieses Doch-nichtPostenschachers. Soll man eine Regierung dafür kritisieren, dass sie sich nicht auf politische Postenvergaben einigen kann? Sollte man, im Gegenteil, nicht lautstark applaudieren?
Leider nicht, wie ein Blick auf die Personalstreitigkeiten im vergangenen Jahr zeigt. Da war die Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde schon eineinhalb Jahre vakant – der von der ÖVP favorisierte Erstgereihte wurde vom grünen Koalitionspartner nicht akzeptiert. Den Job bekam dann die Langzeit-Interimschefin. Postenschacher erfolgreich verhindert? Mitnichten. Die Grünen gaben dafür im Gegenzug endlich ihren Sanktus für die Mandatsverlängerung von Nationalbank-Präsident Harald Mahrer. Und als Dankeschön wurde ihrer Forderung nach einer Gewerkschafterin als entsprochen. Postenschacher vom Feinsten, ein austariertes personalpolitisches Geben und Nehmen.
Heißt also in der aktuellen Causa: Am Mittwoch wurde das „Personalpaket Nationalbank/Finanzmarktaufsicht“zwar aufgrund von Streitigkeiten nicht durchgeboxt. Aber damit ist kein Postenschacher verhindert worden. In der Nationalbank ist Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher als Gouverneur fix, ebenso wie der Grüne Josef Meichenitsch als Direktoriumsmitglied. Neu ist, dass sich die Grünen wohl die geplante schwarze Finanzmarktaufseherin teuer abkaufen lassen wollen.
In Wahrheit braucht die Regierung also bloß Zeit, um ein neues, umfassendes personalpolitisches Paket zu schnüren. Irgendwann wird es schon eine Einigung geben, möglicherweise noch diese Woche, möglicherweise Anfang der nächsten. Für die Regierung drängt die Zeit, ab dem 9. Juli will der Bundespräsident angesichts der Nationalratswahl bekanntlich keine Postenbesetzungen mehr unterfertigen.
Und so wird aus dem vermeintlichen Dochnicht-Postenschacher bloß ein Noch-nicht-Postenschacher.