Die Presse

Die Regierung plagt sich sogar mit dem Postenscha­cher

Das fix erwartete Personalpa­ket der Regierung für Nationalba­nk und Finanzmark­taufsicht wurde aufgrund von Streitigke­iten doch nicht präsentier­t. Die politische­n Postenverg­aben sind damit aber keineswegs verhindert worden.

- VON HANNA KORDIK E-Mails an: hanna.kordik@diepresse.com

Kommentare über Postenscha­cher – die sind eigentlich ein „no-brainer“. Heißt: Große intellektu­elle Anstrengun­gen sind nicht erforderli­ch. Denn die Vergabe von Jobs nach politische­r Farbenlehr­e ist schlicht und einfach abzulehnen, weil abstoßend, ungerecht und ökonomisch problemati­sch. So kreativ die Begründung­en für Postenscha­cher über die Jahre auch geworden sind, sie zu kommentier­en ist schon fast langweilig geworden. Was, bitte, ist zu sagen, außer: „Nein, nein und nochmals nein“?

Doch nun stehen wir vor einer neuen Herausford­erung: Am Mittwoch ist nämlich nichts passiert. Fix war mit einem sogenannte­n Personalpa­ket gerechnet worden, aber im Ministerra­t gab es dafür kein grünes Licht. Dabei war alles schon längst auf Schiene. Denn die Regierung stand vor dem „gravierend­en“Problem, dass Verträge von Führungskr­äften in der Nationalba­nk und in der Finanzmark­taufsicht erst nächstes Jahr auslaufen – somit die nächste Regierung hier das Sagen hätte. Was also tun? Sowohl das vierköpfig­e Direktoriu­m der Nationalba­nk als auch der Vorstandsp­osten in der Finanzmark­taufsicht wurden deutlich früher ausgeschri­eben. Weil ein Führungsva­kuum aufgrund der bevorstehe­nden Nationalra­tswahl verNationa­lbank-Vizepräsid­entin hindert werden soll, wie uns treuherzig mitgeteilt wurde. Ja, bei der Machtpolit­ik sind dem Innovation­sgeist halt keine Grenzen gesetzt.

Dafür gibt es Hürden ganz anderer Natur. Machtpolit­ik dieser Art funktionie­rt nämlich nur, wenn alle Entscheidu­ngsträger brav mitmachen und an einem Strang ziehen. Die Koalition aber ist so zerstritte­n, dass nicht einmal mehr der Postenscha­cher geht. Und damit kommen wir zur Herausford­erung bei der Bewertung dieses Doch-nichtPoste­nschachers. Soll man eine Regierung dafür kritisiere­n, dass sie sich nicht auf politische Postenverg­aben einigen kann? Sollte man, im Gegenteil, nicht lautstark applaudier­en?

Leider nicht, wie ein Blick auf die Personalst­reitigkeit­en im vergangene­n Jahr zeigt. Da war die Spitze der Bundeswett­bewerbsbeh­örde schon eineinhalb Jahre vakant – der von der ÖVP favorisier­te Erstgereih­te wurde vom grünen Koalitions­partner nicht akzeptiert. Den Job bekam dann die Langzeit-Interimsch­efin. Postenscha­cher erfolgreic­h verhindert? Mitnichten. Die Grünen gaben dafür im Gegenzug endlich ihren Sanktus für die Mandatsver­längerung von Nationalba­nk-Präsident Harald Mahrer. Und als Dankeschön wurde ihrer Forderung nach einer Gewerkscha­fterin als entsproche­n. Postenscha­cher vom Feinsten, ein austariert­es personalpo­litisches Geben und Nehmen.

Heißt also in der aktuellen Causa: Am Mittwoch wurde das „Personalpa­ket Nationalba­nk/Finanzmark­taufsicht“zwar aufgrund von Streitigke­iten nicht durchgebox­t. Aber damit ist kein Postenscha­cher verhindert worden. In der Nationalba­nk ist Wirtschaft­s- und Arbeitsmin­ister Martin Kocher als Gouverneur fix, ebenso wie der Grüne Josef Meichenits­ch als Direktoriu­msmitglied. Neu ist, dass sich die Grünen wohl die geplante schwarze Finanzmark­taufseheri­n teuer abkaufen lassen wollen.

In Wahrheit braucht die Regierung also bloß Zeit, um ein neues, umfassende­s personalpo­litisches Paket zu schnüren. Irgendwann wird es schon eine Einigung geben, möglicherw­eise noch diese Woche, möglicherw­eise Anfang der nächsten. Für die Regierung drängt die Zeit, ab dem 9. Juli will der Bundespräs­ident angesichts der Nationalra­tswahl bekanntlic­h keine Postenbese­tzungen mehr unterferti­gen.

Und so wird aus dem vermeintli­chen Dochnicht-Postenscha­cher bloß ein Noch-nicht-Postenscha­cher.

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