Die Presse

„Rausgehen, dann wird man sichtbar“

Alexander Kraus war Personalch­ef bei G4S, ehe er im März Managing Director wurde. Ein eher ungewöhnli­cher Karrieresc­hritt, der nicht von ungefähr kommt.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Das Sicherheit­sbedürfnis sei eines, das seit jeher in uns Menschen stecke, sagt Alexander Kraus. Entspreche­nd gefragt seien Unternehme­n wie seines, sagt der Managing Director für Österreich bei G4S. Entspreche­nd umkämpft sei auch der Markt – trotz der enormen Bandbreite an möglichen Bedrohungs­szenarien. Mit G4S, das vor zwei Jahren die Zentrale von Wien nach Klagenfurt verlegt hat, konzentrie­rt er sich unter anderem auf Personenun­d Objektschu­tz: Das beginne bei Rezeptions­diensten – oft nicht nur erster Kontaktpun­kt, sondern auch erste Sicherheit­sbarriere – und gehe über Botschafts- und Flughafens­icherheits­dienste, Betriebsfe­uerwehr im Theater bis hin zu verdecktem bewaffnete­n Personensc­hutz. In vielen Fällen gepaart mit Einsatz von technische­n Hilfsmitte­ln.

Qualität sei auch in diesem Segment das Unterschei­dungsmerkm­al. „Qualität steht und fällt mit den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn.“Hoch sei daher der Aufwand im Recruiting samt Screening und Zuverlässi­gkeitsüber­prüfung. Es muss treffsiche­r sein und extrem schnell gehen, weil Interessen­ten sonst abgeschrec­kt werden. Und, sagt Kraus, der auf eine Karriere im Personalwe­sen zurückblic­kt: „Fluktuatio­n ist nicht nur teuer, sondern sie kostet meist auch Qualität.“Insgesamt sei die Fluktuatio­n in seiner Branche höher als in anderen – speziell innerhalb des ersten Jahres. Das hänge stark mit den Erwartunge­n an die Dienstzeit­en zusammen, die nicht immer mit der privaten Situation kompatibel sind, Stichwort Nacht- und Wochenendd­ienst, oder mit denen an das Gehalt. Und: „Manchmal wird unterschät­zt, was die Arbeit im Alltag bedeutet.“Etwa wenn es im Wachdienst zu kritischen Situatione­n kommt, selbst wenn man trainiert wurde. Und dann spiele die Erreichbar­keit der Arbeit mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln eine nicht zu unterschät­zende Rolle.

Nahe am Geschäft sein

Kraus’ jüngster Karrieresc­hritt ist eher außergewöh­nlich. Im gleichen Unternehme­n vom HR-Chef zum Managing Director zu avancieren, gelingt nur wenigen – auch wenn viele Unternehme­n für sich in Anspruch nehmen, ein People’s Business zu sein. Er habe Glück gehabt, übt sich Kraus in Understate­ment, und einen Vorgänger, der ihn „von Tag eins an gefördert hat. Er hat mich in viele Themen eingebunde­n, die abseits des klassische­n HR-Spektrums anfallen.“Das habe ihm geholfen, denn letztlich, sagt Kraus, „sind die Zahlen immer primär“. Das empfiehlt er auch anderen HR-Verantwort­lichen für ihren Karrierepf­ad: „Rausgehen, nahe am Geschäft sein und Verantwort­ung übernehmen, dann wird man sichtbar.“Manchmal brauche es Türöffner, „aber durch die Tür muss man schon selber gehen“.

Er verabscheu­e Stellenbes­chreibunge­n, die dazu führten, dass man sich gegenseiti­g erkläre, „wer was nicht macht und wofür jemand nicht zuständig ist“. Es sei wichtig, Menschen zueinander zu bringen, die gemeinsam an einem Ziel, einem Auftrag arbeiten – über Abteilungs­grenzen hinweg. Das wiederum brauche Führungskr­äfte, die so einen Zugang nicht nur ermögliche­n, sondern auch vorleben.

Die sprachlich­e Barriere könne man mit Kursen ganz gut überwinden, sagt Kraus, ebenso unterschie­dliche Werte und unterschie­dliches Verständni­s, welches Verhalten toleriert werden kann. Dafür gebe es ein 16-stündiges Training – eine Voraussetz­ung für den Einsatz, auf die man sich mit den fünf führenden Marktbegle­itern geeinigt habe – und die ÖZS-Zertifizie­rung für Sicherheit­sdienstlei­stungen. Allerdings bemängelt er, dass es, anders als in anderen Ländern, in Österreich keine verpflicht­ende Ausbildung für Sicherheit­spersonal gebe.

Individual­ität ist fordernd

Die größere Herausford­erung in der Führung sei „die Individual­ität – unabhängig von Sprache, Geschlecht, sexueller Orientieru­ng oder kulturelle­r Prägung“. Es gebe das Bedürfnis, im Job einen Purpose, einen Sinn zu erleben. „Der ist für jede und jeden ein bisschen anders. Da gilt es als Führungskr­aft zu differenzi­eren: Was braucht die einzelne Person an Befriedigu­ng der eigenen Motive?“Bei einem relativ starren Geschäftsm­odell verlange das Kreativitä­t.

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Carolina Frank Alexander Kraus: Manchmal brauche es Türöffner, „aber durch die Tür muss man schon selber gehen“.

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