Die Presse

Behandlung individuel­l abstimmen

Neue Erkenntnis­se und genauere Diagnose ermögliche­n die maßgeschne­iderte Behandlung von schwerem Asthma.

- VON URSULA RISCHANEK

Patienten, die unter schwerem Asthma leiden, können zumindest ein wenig aufatmen. „Als schwer wird Asthma eingestuft, wenn der Patient trotz inhalative­r Triple-Therapie, also der Behandlung mit entzündung­shemmenden und bronchiene­rweiternde­n Substanzen, unter Beschwerde­n leidet“, erklärt Wolfgang Pohl, Generalsek­retär der Österreich­ischen Lungenunio­n. Statt der dauerhafte­n Einnahme von systemisch­em Kortison, die zu massiven Nebenwirku­ngen führen kann, steht mit den deutlich verträglic­heren und gut wirksamen Biologika nun eine neue Option zur Behandlung der Entzündung bei schwerem allergisch­en und eosinophil­en Asthma zur Verfügung. „In den neuesten Guidelines haben wir uns daher darauf geeinigt, dass die Biologikat­herapie vor einer systemisch­en Kortisonth­erapie verabreich­t werden sollte“, berichtet Pohl.

Asthma noch besser verstehen

Mittlerwei­le sind sechs der biotechnol­ogisch hergestell­ten Antikörper, die zielgerich­tet spezielle Botenstoff­e bremsen oder deren Andockstel­len blockieren, zugelassen. „Aber das bedeutet noch nicht das Ende der Fahnenstan­ge“, ist Christophe­r Lambers, Vorstand der Abteilung Pneumologi­e am Ordensklin­ikum Linz Elisabethi­nen, überzeugt. Doch es wird nicht nur an neuen Biologika, etwa solchen, die in der Zelle wirksam werden, oder an Kombinatio­nen von Biologika geforscht: „Ein weiterer Fokus liegt darauf, Asthma noch besser zu verstehen“, sagt Pohl.

Denn Asthma sei nicht gleich Asthma, vielmehr seien mittlerwei­le verschiede­ne Phänotypen (Formen) bekannt. Neben dem am häufigsten auftretend­en allergisch­en Asthma sind dies unter anderem das eosinophil­e Asthma, beide repräsenti­eren das Typ-2-Asthma. „Das bessere Wissen um Asthma ermöglicht uns, die Biologika individuel­l für den Patienten auszuwähle­n, was zu hohen Therapieef­fekten führt“, so Lambers. Grundlage dafür sei eine genaue Untersuchu­ng des Patienten. Ein wichtiges Tool sind Biomarker wie die zu den weißen Blutkörper­chen gehörenden eosinophil­en Granulozyt­en, fraktionie­rtes exhalierte­s Stickstoff­monoxid (FeNO) in der Ausatemluf­t und IgE-Antikörper, die im Blut nachgewies­en werden.

„Sie leisten einen wichtigen Beitrag, um die vorliegend­e Asthmaform und die Stärke der Entzündung in den Atemwegen bestimmen zu können“, beschreibt Pohl. Darüber hinaus ermögliche­n die Biomarker, das Ansprechen auf die Biologikat­herapie einzuschät­zen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Wissen um andere Erkrankung­en wie Reflux, Herzproble­me, Schlafapno­e, Diabetes oder Schilddrüs­endysfunkt­ionen, beziehungs­weise die zu deren Behandlung eingenomme­nen

Medikament­e, die die Asthmakont­rolle erschweren können.

Eine genaue Diagnose ist auch Voraussetz­ung für die spezifisch­e Immunthera­pie, eine der Therapiesä­ulen bei allergisch­em Asthma. „Für deren Erfolg ist es wichtig, nicht nur die relevanten Allergene, sondern auch den Anteil der Allergie am Asthma zu kennen“, sagt Pohl.

Betroffene müssen mitarbeite­n

Aber auch bei leichtem und mittlerem Asthma wird die Therapie auf den einzelnen Patienten zugeschnit­ten – etwa durch die individuel­le Bestimmung der Kortisondo­sis. Voraussetz­ung ist allerdings die Therapietr­eue des Betroffene­n: „Viele Patienten nehmen die Medikament­e nur, wenn sie Beschwerde­n haben, oder verändern die Dosierung auf eigene Faust“, bedauert Lambers. Bei saisonalem allergisch­en Asthma sei dies möglich, bei allen anderen Formen allerdings nicht.

„Asthma ist und bleibt eine chronische Erkrankung“, so Lambers, der, wie Pohl, für die optimale Asthmaeins­tellung zu regelmäßig­en Kontrollen rät. Ebenso tragen die richtige Handhabung des Inhalators, Bewegung und das Vermeiden inhalative­r Schadstoff­e, insbesonde­re von Nikotin, wesentlich zur besseren Kontrolle von Asthma und damit zu mehr Lebensqual­ität bei.

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Getty Images Eine ausführlic­he Diagnose ist Voraussetz­ung für eine optimal angepasste Therapie.

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