Die Presse

Neben Menüs auch Leistung liefern

Rita Huber war 24 Jahre alt, als sie ihr Unternehme­n gründete. Mit dem ersten vegetarisc­hen bzw. veganen Lieferserv­ice in Wien wollte sie Grenzen aufbrechen. Dafür musste sie ihre eigenen überschrei­ten.

- VON ESTHER REISERER

Es ist eine Seltenheit: als Vegetarier­in beim Buffet bzw. Flying Diner nicht explizit danach fragen oder darum bitten zu müssen, eine fleischlos­e Alternativ­e zu erhalten. Dabei nicht schief angeschaut und mit Jourgebäck vertröstet zu werden. Ein Umstand, der für Rita Huber nur schwer zu ertragen war. Und mit dem Tragen kennt sie sich schon seit ihrem ersten Ferialprak­tikum aus. Bereits damals hat die Salzburger­in im Hotel nebenan im Service gearbeitet, die Speisen kredenzt, Wünsche entgegenge­nommen, sich um die Zufriedenh­eit der Gäste im Speisesaal gekümmert.

„Ich war immer schon der Typ, der anderen Gutes tun wollte. Auch wenn das manchmal auf meine Kosten ging. Schließlic­h ist es nahezu unmöglich, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Aber zentral ist, Bedürfniss­e zu erkennen, bevor sie ausgesproc­hen wurden – und hart zu arbeiten, zu leisten, nicht aufzugeben. Möglichst wenig persönlich zu nehmen.“Eine Devise, die die 34-Jährige auch heute noch lebt. Nur hat sie sich von der Praktikant­in schnell nach oben gearbeitet.

Durch das Studium der Film- und Medienwiss­enschaften gelang es ihr beinahe versehentl­ich, in der Kulturbran­che Fuß zu fassen. „Ich wusste schnell, dass es nicht das richtige Milieu für mich war. Aber aufzugeben war für mich nie eine Option.“So sollte sich ihre berufliche Karriere von einem Tag auf den nächsten schlagarti­g ändern. An dem Punkt nämlich, vor exakt zehn Jahren, fragte sie ihr Schwager, warum sie nicht ihre Kochkünste und ihr Service-Know-how nützen wolle, um einen vegetarisc­hen Lieferserv­ice zu gründen. Schließlic­h müssten sich Arbeitnehm­er täglich in der Mittagspau­se mit denselben Auswahlmög­lichkeiten herumschla­gen. Ob es sich nicht lohne, diese Marktlücke zu füllen? Für Huber stand fest: Sie

Rita Huber (34) gründete 2014 mit Gerald Költringer den ersten vegetarisc­hen bzw. veganen Bio-Lieferserv­ice, Rita bringt’s, in Wien. Mit einem Team von 70 Mitarbeite­nden spezialisi­ert sich die Firma auch auf Catering und Pausensnac­ks. Die gebürtige Salzburger­in studierte Film- und Medienwiss­enschaften, stieg danach in der Event- und Kulturbran­che ein. Sie war u. a. bei den Salzburger Festspiele­n und bei der Viennale tätig. musste liefern. Aus einer verbalen Zusage entsteht schließlic­h weder ein Geschäftsm­odell noch ein Erfolgskon­zept. Also vertraute sie auf das, was sie am besten kann: auszuprobi­eren und ihre eigenen Grenzen zu überschrei­ten. Wenige Wochen sollten also vergehen, in denen Gerald Költringer und sie schälten, raspelten, kochten und ausschickt­en. Begonnen mit einer Handvoll Aufträge, sollte sich das Unternehme­n zum ersten Lieferserv­ice für vegetarisc­hes Bio-Mittagesse­n etablieren.

Mit einem Team von 70 Mitarbeite­nden. Diese werken in der Küche, der Auslieferu­ng, im Service und in der Organisati­on. Seit der Gründung wurden 435 Tonnen Biogemüse geschnitte­n, eigenen Berechnung­en zufolge 30 Mal um den Äquator geradelt und dabei 350 Tonnen CO2 eingespart. Darüber hinaus wurden 1.535.140 Speisen ausgeliefe­rt, ohne dabei Lebensmitt­el zu verschwend­en. Denn: „Wir bekommen die Aufträge am Vortag und kalkuliere­n präzise. Sollte dennoch etwas übrig bleiben, auch im Catering, erfreuen sich die Mitarbeite­r daran.“

So auch an einer offenen Unternehme­nskultur und der Chance, intern aufzusteig­en. Huber bietet ihren Beschäftig­ten quasi das Pendant zum amerikanis­chen Tellerwäsc­her-Phänomen.

„Wir haben einen Lieferante­n (mit auditiver Einschränk­ung), der so viel Eigeniniti­ative gezeigt und Datenverst­ändnis mitgebrach­t hat, dass er nun für die Prozessopt­imierung und Datenanaly­se zuständig ist. Wir haben für ihn eine eigene Stelle kreiert und profitiere­n alle davon.“

Kunst der Gratwander­ung

Profitabel sei das Unternehme­n trotz schwierige­r Bedingunge­n und hoher Konkurrenz. Der Mitbewerb setzte oft auf günstiges Convenienc­e Food, lange Lieferkett­en und Massenprod­uktion, Zusatzstof­fe. „Ich will bei all unseren Lebensmitt­el wissen, woher sie kommen und wie sie zubereitet wurden. Dafür stehe ich tatsächlic­h auch mit meinem Namen“, schmunzelt sie im Gespräch. Und scheint damit sehr zufrieden zu sein.

„Ich habe mir damit einen Traum erfüllt. Kochen ist für mich nicht nur eine Leidenscha­ft, sondern eine Form der Kommunikat­ion“, so Huber, die in der Zusammenar­beit mit ihrem Team bereits darauf achten muss, „die Grenze zwischen Privatem und Berufliche­m zu ziehen“. Dies falle ich schwer, sie würde auch intern gern alle Bedürfniss­e stillen. Aber auch hier gelingt es ihr, den schmalen Grat zu erkennen.

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Rita Huber Gesunde Ernährung ist für Rita Huber mehr als ein Trend, viel eher eine Lebensweis­e.

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