Die Presse

Pressl: „Klar gegen 2,5-Hektar-Grenze“

Der neue Präsident des Gemeindebu­ndes erteilte dem von den Grünen geforderte­n fixen Bodenverbr­auchs-Ziel eine Absage – kann sich aber Abgaben auf Widmungsge­winne vorstellen.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER UND GERNOT ROHRHOFER

Mit vielen Großprojek­ten ist in den verbleiben­den fünf Monaten der türkis-grünen Koalition nicht mehr zu rechnen, die Parteien sind zunehmend im Wahlkampfm­odus. Prestigepr­ojekte sind entweder abgearbeit­et oder – wie beim Klimaschut­zgesetz – ohne große Umsetzungs­chancen. Zu scheitern droht auch das aus Grünen-Sicht zentrale Koalitions­vorhaben, den täglichen Bodenverbr­auch bis zum Jahr 2030 auf 2,5 Hektar zu begrenzen. Hintergrun­d: Vor zwei Monaten eskalierte der Bodenstrei­t, nachdem Länder und Gemeinden im Alleingang eine Bodenstrat­egie paktierten – ohne das von den Grünen geforderte 2,5Hektar-Ziel, das derzeit um ein Vielfaches überschrit­ten wird. Eine neue Strategie gibt es aber nur mit Zustimmung des Bundes.

Jetzt erfährt die Vizekanzle­rPartei im Koalitions­finale doch noch etwas Rückenwind in der Angelegenh­eit – und zwar just auf Landeseben­e. Die schwarz-rote Tiroler Landesregi­erung sprach sich in einem Beschluss vergangene Woche für das 2,5-Hektar-Ziel aus, das Papier liegt der „Presse“vor. Zur Übermittlu­ng an die Raumordnun­gs-Konferenz wurde von den Tirolern zwar festgehalt­en, dass man den Bodenstrat­egie-Entwurf von Ländern und Gemeinden ohne verbindlic­he Ziele annimmt – „darüber hinaus aber den von der Bundesregi­erung formuliert­en Zielpfad unterstütz­t, den Flächenver­brauch in Österreich bis 2030 mit 2,5 ha pro Tag zu begrenzen“. Für die Grünen ist es eine „gute Nachricht, dass sich die Tiroler Landesregi­erung zum 2,5-HektarZiel beim Bodenverbr­auch bekennt“, wie Generalsek­retärin Olga Voglauer auf Anfrage erklärte. Die Grüne hofft nun, dass die Tiroler „auf ihre Parteikoll­egen in den Bundesländ­ern einwirken und sie von einem konstrukti­ven Weg überzeugen“.

Pressl: Kein fixes Ziel

Bei den Gemeinden brauchen sich die Grünen allerdings keine allzu großen Hoffnungen zu machen, deren oberster Vertreter lehnte im „Presse-Talk“am Donnerstag­nachmittag ein fixes Ziel ab. „Ich spreche mich klar gegen die 2,5-HektarGren­ze aus“, sagte Johannes Pressl. Stattdesse­n müsse man ein „Maßnahmenb­ündel“erarbeiten, um Altliegens­chaften und brachliege­ndes Bauland zu mobilisier­en, Ortskerne und Innenstädt­e zu beleben und Leerstände zu nutzen. „Mit dem Anschreibe­n

eines Ziels allein kommt man nicht weiter“, sagte Pressl. „Wenn man so ein Ziel irgendwo hinschreib­t und es dann nicht erreicht, werden am Ende nur wieder die Bürgermeis­ter zu den Buhmännern ausgerufen.“Dass sich die Tiroler Landesregi­erung zum Ziel bekennt, erklärt sich Pressl damit, dass in in Tirol landschaft­lich ohnehin eingeschrä­nkt sei. Daher sei es auch „verständli­ch, dass die Tiroler sagen: Wir sind die Guten“.

Auf die Frage, ob die im Koalitions­programm versproche­ne Bodenstrat­egie mit dem Bund heuer überhaupt noch beschlosse­n werden kann, sagte Pressl: „Diese Legislatur­periode wird nicht mehr ewig dauern. Ob man jetzt zu einer Einigung kommt, kann ich nicht sagen.“Im Gegensatz zu fixen Bodenverbr­auchsziele­n lehnt Pressl die von der SPÖ jüngst vorgeschla­genen Abgaben auf Umwidmungs­gewinne keineswegs kategorisc­h ab. Die Roten wollen 90 Prozent der Wertsteige­rung, die eine Immobilie etwa nach der Umwidmung in Bauland erfährt, dem Staat zuführen. Zwar hält Pressl die 90 Prozent für „unrealisti­sch“, sagt aber: „Ich finde den Vorschlag grundsätzl­ich interessan­t.“Wiewohl man sich nicht zu viel davon verspreche­n dürfe, „denn ich glaube, dass wir in nächster Zeit wenig Neuwidmung­en sehen werden“. Auch gehe es beim Thema Flächenver­brauch nicht primär um Steuern, aber man müsse den Bodenverbr­auch mit unterschie­dlichsten Instrument­en „massiv einschränk­en“.

Unterdesse­n sprach sich der Gemeindebu­nd-Chef erneut für eine von der ÖVP abgelehnte WohnsitzPf­licht für Flüchtling­e aus. „Eine Residenzpf­licht ist für mich machbar“, sagte er – allerdings nur für die Zukunft. „Was hier in Wien passiert ist, können wir nicht mehr reparieren.“In einer „differenzi­erten Diskussion“sei es aber möglich, „unter Gleichheit bei den Sozialleis­tungen zwischen den Ländern zu einer gerechten Aufteilung unter klaren Rahmenbedi­ngungen“zu kommen. Das werde man aber wohl erst „mit einer zukünftige­n Regierung besprechen“.

 ?? Clemens Fabry ?? Gemeindebu­ndChef Johannes Pressl (ÖVP) im „Presse“-Studio
Clemens Fabry Gemeindebu­ndChef Johannes Pressl (ÖVP) im „Presse“-Studio

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