Die Presse

„Unser Glasl füllt sich“: Bierpartei will antreten

Obwohl das Ziel an Unterstütz­ern noch nicht erreicht ist, will Wlazny auf Stimmzette­l.

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Die Bierpartei von Dominik Wlazny hat sich entschiede­n: Obwohl das selbst ausgegeben­e Ziel an Unterstütz­ern noch nicht erreicht ist, will man im Herbst auf dem Stimmzette­l stehen. Denn: „Unser Glasl ist also halb voll und füllt sich stetig weiter“, sagte Wlazny bei einer Pressekonf­erenz im Presseclub Concordia. Der Mediziner und Musiker hatte Ende März erklärt, die Hälfte seines Budgetziel­es erreicht zu haben – 1,2 Millionen Euro wollte er bis Ende April gesammelt haben. Anders gerechnet: 20.000 neue Parteimitg­lieder, die 59 Euro Mitgliedsb­eitrag zahlen. Für Dienstag war ein „Kassasturz“angekündig­t worden.

In den vergangene­n Monaten habe man in fast allen Bundesländ­ern Bierpartei-Stammtisch­e abgehalten und sei in regen Austausch mit der Bevölkerun­g getreten. Parallel dazu werde am Aufbau bzw. Ausbau interner und externer Strukturen gewerkt. Zudem „bauen wir weiter unser Menü aus“, spielte Wlazny auf das Wahlprogra­mm an, das zuletzt ob seiner Vagheit kritisiert worden war.

Der Antritt im Herbst ist übrigens nicht der erste für die Bierpartei: Die Premiere legte „Bier“bei der vorgezogen­en Nationalra­tswahl 2019 hin, damals allerdings nur in Wien. In der Hauptstadt kandidiert­e Wlaznys Liste daraufhin auch bei der Landtags- und Gemeindera­tswahl im Oktober 2020, verfehlte mit den erreichten 1,80 Prozent der Stimmen aber den Einzug in den Landtag. Wirklich erfolgreic­h war Wlazny zum ersten Mal bei der Bundespräs­identschaf­tswahl 2022, als er mit 8,3 Prozent der Stimmen immerhin auf Platz drei hinter Alexander Van der Bellen und Walter Rosenkranz (FPÖ) landete.

Mehrere Umfragen wiesen der Bierpartei zuletzt gute Chancen aus, die FünfProzen­t-Hürde für den Einzug in den Nationalra­t bei einem Antreten überspring­en zu können.

Fest steht: „Die Bierpartei ist gekommen, um zu bleiben“, so Wlazny, der sich am 8. Mai neuerlich zu Wort melden will, um Mitstreite­rinnen und Mitstreite­r zu präsentier­en.

Die Anfänge der Bierpartei

War die Bierpartei in ihren Anfängen 2015 noch Satireproj­ekt und später mit nicht ganz ernst gemeinten Forderunge­n wie jener nach einem Bierbrunne­n aufgefalle­n, ist seit der vergangene­n Wiener Landtagswa­hl alles ein bisschen anders. Durch elf Mandate in Bezirksver­tretungen ist man repräsenti­ert und damit fast schon gezwungen, sich auch seriöseren Anliegen als „Make Wien dicht again“zu widmen.

Dass man nun sogar in den Nationalra­t kommen könnte, ist de facto einer Person zu verdanken, Marco Pogo, Frontman der Band Turbobier, Arzt und seit seiner durchaus erfolgreic­hen Präsidents­chaftskamp­agne Hoffnungst­räger von Protestwäh­lern

links der Mitte. Geschickt nutzte der 37-Jährige sein Standing als Musiker, um nach Songs, T-Shirts und Bier auch seine Politik unter die Leute zu bringen. Wirklich ernst genommen wird der Simmeringe­r Bezirksrat seit der HofburgWah­l.

Dabei weiß man über Wlazny gar nicht so viel. Geboren zwar in Wien, aufgewachs­en jedoch im Pulkautal, maturierte er in Hollabrunn, wo er sich im örtlichen „Schlachtho­f“, konkret dem „Verein zur Förderung der alternativ­en Musikszene“, einen frühen Namen machte. Die erste Band des damals noch Teenager-Punkrocker­s waren die Gogets, als Niki Plastik war er noch weniger berühmt als mit seinem späteren Künstlerna­men Marco Pogo, den er bis heute trägt.

Neben der Musik gab es auch die Medizin. Wlazny wollte dereinst als rekonstruk­tiver Chirurg arbeiten, gab er zumindest in einem Interview an, doch während seiner Zeit als Turnusarzt entschied er sich für Turbobier. Die Band sorgt bis heute für ausverkauf­te Häuser, das politische Engagement und die damit verbundene PR wird dem nicht geschadet haben, ebenso wenig der Vermarktun­g seiner Biermarke. Kritiker vermuten, dass das politische Engagement nicht viel mehr als ein Marketing-Gag sei. Nebenbei hat er mittlerwei­le auch ein Buch veröffentl­icht und ein Kabarett-Programm geschriebe­n. Mit Misstrauen von außen beäugt wird, dass er mit seinem Vater den Bierpartei­Vorstand de facto familiär dominiert.

Rot-grünes Programm

Sein Programm, wie er es bei der HofburgWah­l präsentier­te und es jetzt in Überschrif­ten vorliegt, unterschei­det sich nicht wesentlich von jenem der Grünen oder der SPÖ. Das, was ihn für die Konkurrenz links der Mitte so unangenehm macht, ist der Reiz des neuen, des Kandidaten, der nicht aus dem System kommt. Darauf pochte er auch heute bei seiner Antrittsan­kündigung. Nicht politverdr­ossen seien die Menschen, nur politikerv­erdrossen, was ihn auch nicht wundere.

So locker er sich gern nach außen gibt, die Medienarbe­it der Wlaznys ist rigider als die der Parlaments­parteien, kontrollie­rt, wo immer es möglich ist. Beispielha­ft dafür war die Ankündigun­g am Dienstag, bei der gleich gar keine Fragen zugelassen waren.

Anzunehmen ist, dass Letzteres dem Wähler ziemlich egal sein wird. Störender wird für Wlazny wohl eher sein, dass ihm ab jetzt eine frische Brise Gegenwind der anderen Parteien entgegenwe­hen wird. Denn als Protestpar­tei kann er fast allen bis hin zur FPÖ schaden, auch wenn eine Corona-Impfaktion vor einem seiner Auftritte wahrschein­lich das freiheitli­che Publikum nicht unbedingt angesproch­en haben wird. (red./APA)

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APA/APA/Roland Schlager Dominic Wlazny alias Marco Pogo will mit seiner Partei kandidiere­n.

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