Die Presse

Brüssel droht Slowakei mit Sperre von EU-Geldern

EU-Kommission warnt vor Schaden für unabhängig­e Justiz und Freibrief für Korruption.

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Der Slowakei droht ein ähnliches Schicksal wie Ungarn und Polen. Da die neue Regierung unter dem Linkspopul­isten Robert Fico (Smer) im Zuge einer Justizrefo­rm Strafen für Korruption und Wirtschaft­skriminali­tät senken und außerdem die Sonderstaa­tsanwaltsc­haft für Korruption abschaffen möchte, läuten in Brüssel die Alarmglock­en. Offen droht die EU-Kommissari­n für Werte und Transparen­z, Věra Jourová, mit einer Blockade der Finanzmitt­el. „Das EU-Recht besagt, dass ein Staat, der keinen Schutz vor Korruption garantiert, keine Fördermitt­el erhalten kann.“

Der seit Oktober amtierende Ministerpr­äsident Fico will im Schnellver­fahren Gesetze durch das Parlament bringen, die das Vorgehen der Staatsanwä­lte und den Schutz von Whistleblo­wern einschränk­en. Laut der Nichtregie­rungsorgan­isation Transparen­cy Internatio­nal werde damit die Aufarbeitu­ng von Korruption­sfällen künftig erschwert. Außerdem weist die Organisati­on darauf hin, dass die neue Regierung auch personelle Änderungen in der Polizei und der Justiz vorgenomme­n habe.

Der Opposition­schef, Michal Šimečka, wirft Fico vor, er wolle sich mit der Aufweichun­g des Kampfs gegen Korruption selbst vor einer Strafverfo­lgung schützen. Persönlich­e Verwicklun­gen in mafiöse Geschäfte, die dem Ministerpr­äsidenten nach dem Mord am Investigat­ivjournali­sten Ján Kuciak 2018 vorgeworfe­n wurden, konnten bisher allerdings nicht nachgewies­en werden. Kuciak hatte einst über Korruption und Machenscha­ften von Smer-nahen Staatsbedi­ensteten und Oligarchen recherchie­rt.

„Einmischun­g“

Das EU-Parlament hatte zuvor die Kommission aufgeforde­rt, die Reformplän­e in der Slowakei zu prüfen. Fico interpreti­erte dies als ungerechtf­ertigte Einmischun­g in innere Angelegenh­eiten. Ähnlich wie Orbán argumentie­rte er: „Politische Gegner, Opposition­sabgeordne­te im In- und Ausland treten gegen uns auf und sind bereit, jeden schmutzige­n Trick im politische­n Kampf anzuwenden.“

Will Fico nicht für die Sperre von EU-Geldern verantwort­lich sein, wird er allerdings mit der Kommission zusammenar­beiten müssen. Jourová forderte die slowakisch­e Regierung zu einer „umfassende­n Konsultati­on“auf, bevor die geplanten Reformen verabschie­det wird. Sie wies darauf hin, dass die Strafverfo­lgung unpolitisc­h sein müsse. (wb)

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