Fünf Lehren aus Trumps Triumph
USA. Der Vorwahlreigen für die Präsidentschaftswahl hat in Iowa begonnen – mit einem Rekordergebnis für Donald Trump. Haben seine Herausforderer noch eine Chance?
Cedar Rapids/Des Moines. Es ist ein Rekordergebnis, das Ex-Präsident Donald Trump am Montagabend in Iowa erzielte. Bei der ersten Vorwahl im US-Wahljahr sprach ihm mehr als die Hälfte der republikanischen Wähler die Zustimmung aus. Das ist überwältigend – umso mehr, als der Kandidat wegen mutmaßlich schwerer Vergehen während seiner Amtszeit mehrfach angeklagt ist.
Trumps innerparteiliche Herausforderer haben sich in Iowa als nicht wettbewerbsfähig erwiesen. Floridas Gouverneur, Ron DeSantis, und Trumps einstige UN-Botschafterin Nikki Haley landeten beide bei rund 20 Prozent der Stimmen. Hat sich Trump die Präsidentschaftskandidatur bereits nach der ersten Vorwahl geschnappt?
1 An Donald Trumps Vorreiterrolle kann niemand rütteln
Es ist schwer vorstellbar, doch vor einem Jahr noch lagen Trump und Ron DeSantis Kopf an Kopf in den Umfragen. Seitdem hat sich das Blatt für den Ex-Präsidenten gewendet: Seit Monaten schon führt er die Umfragen an. Die insgesamt 91 strafrechtlichen Anklagepunkte gegen ihn, die Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs und Wirtschaftsbetrugs, all das scheint Trump nur Zuspruch eingebracht zu haben. Mittlerweile weiß er, dass Fotos von ihm vor Gericht ihm Wählerstimmen und Spendengelder bringen.
Für Polit-Insider mag es ein Spaß sein, sich mögliche Konstellationen einer TrumpNiederlage vorzustellen – und die Szenarien, in denen DeSantis und Nikki Haley den republikanischen Favoriten überholen könnten. Doch die Realität ist schlicht und ergreifend: Dass Trump die republikanische Nominierung erhält, ist so gut wie fix.
2 Die Republikanische Partei ist fragmentierter, als Donald Trump sie erscheinen lässt
Iowa ist ein durch und durch ländlicher Bundesstaat, und gerade in besonders abgelegenen Gebieten kann Trump punkten. Nicht alle sind begeistert von Trumps Rhetorik, seinen martialischen Auftritten. Viele Republikaner wünschen sich weniger Emotion in der Politik. Doch Trump wählen sogar die Skeptiker – einfach deswegen, weil er ihnen als der verlässlichste Kandidat erscheint. Das ist freilich ein Problem für DeSantis und Haley, die sich nicht wirklich trauen, sich von Trump zu distanzieren.
Am Montagabend wurde aber auch deutlich: Je mehr College-Abschlüsse ein Bezirk vorzuweisen hat, je höher die Einkommen dort sind, desto eher stimmen die Wähler für South Carolinas Ex-Gouverneurin Haley. In Nachwahlbefragungen gaben sechs von zehn Haley-Wählern an, nicht für Trump stimmen zu wollen, sollte er republikanischer Präsidentschaftskandidat werden. Auch rund um das Thema Abtreibungsverbot ist die Partei alles andere als konsolidiert – ein Umstand, der in den vergangenen eineinhalb Jahren den Demokraten unerwartete Wahlsiege beschert hat.
3 Republikanische Wähler sorgen sich um innenpolitische Themen, nicht um Geopolitik
In Iowa wurde deutlich: Die Republikaner im Mittleren Westen fürchten um ihren Lebensstandard. Sie haben Angst vor Teuerung, der (sachten) Energiewende, vor Bundesbehörden, vor China und vor Einwanderern.
Wirtschaftspolitik und Migration dürften dementsprechend die größten Themen im Wahlkampf der Republikaner werden. Trump verkauft sich als jener Mann, der vier
Jahre lang über eine robuste US-Wirtschaft präsidierte. Die Wähler, gebeutelt von der Coronakrise und der Inflation, können sich an seine Amtszeit noch erinnern. Bessere Wahlwerbung gibt es also kaum. Da spielt es auch keine Rolle, dass die US-Wirtschaft tatsächlich gut dasteht.
Wenig Interesse haben die Wähler hingegen an außenpolitischen Themen: Bei den Republikanern empfindet man die US-Unterstützung für die Ukraine und den Militäreinsatz im Nahen Osten als hinausgeschmissenes Geld.
4 Die USA stellen sich auf eine Neuauflage von 2020 ein: Donald Trump gegen Joe Biden
Politikverdrossen sind in den USA die wenigsten, das zeigte auch die robuste Wahlbeteiligung in Iowa am Montagabend – trotz Eiseskälte und Polarsturm kamen die Wähler zu den Abstimmungen. Doch der Enthusiasmus für die anstehende Präsidentschaftswahl hält sich in Grenzen: Die Wähler ahnen bereits, dass auf dem Stimmzettel die Namen Donald Trump und Joe Biden stehen werden, wie schon 2020.
Beide werden von den Wählern als viel zu alt angesehen. Es ist ein Thema, das auch im Wahlkampf in Iowa immer wieder angesprochen wurde. Auch Republikaner wünschen sich einen Generationenwechsel in der eigenen Partei. Sie sehen Trump allerdings als agiler als Biden – viele vergönnen dem New Yorker Immobilienunternehmer eine mögliche zweite Amtszeit.
Sollte es zur Neuauflage des Duells von 2020 kommen, gibt das den Demokraten zumindest einen Grund zum Durchatmen. Biden, dessen Zustimmungswerte im Keller sind, dürfte von einer Trump-Kandidatur profitieren. Eine Wählermobilisierung rund um seine eigene Person funktioniert nämlich (noch) nicht.
5 Die Vorwahl in New Hampshire wird aussagekräftiger sein als der Caucus in Iowa
Der nordöstlichste Bundesstaat der USA wählt schon am Dienstag, und Haley kommt in den Umfragen dort Trump zumindest etwas näher als in anderen Staaten. Dass das Rennen dort dynamischer erscheint, lässt den Schluss zu, dass möglicherweise mehr Menschen an den Vorwahlen teilnehmen werden als in Iowa – wo Trumps Sieg de facto im Vorfeld schon fix war.