Die Presse

Fünf Lehren aus Trumps Triumph

USA. Der Vorwahlrei­gen für die Präsidents­chaftswahl hat in Iowa begonnen – mit einem Rekorderge­bnis für Donald Trump. Haben seine Herausford­erer noch eine Chance?

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

Cedar Rapids/Des Moines. Es ist ein Rekorderge­bnis, das Ex-Präsident Donald Trump am Montagaben­d in Iowa erzielte. Bei der ersten Vorwahl im US-Wahljahr sprach ihm mehr als die Hälfte der republikan­ischen Wähler die Zustimmung aus. Das ist überwältig­end – umso mehr, als der Kandidat wegen mutmaßlich schwerer Vergehen während seiner Amtszeit mehrfach angeklagt ist.

Trumps innerparte­iliche Herausford­erer haben sich in Iowa als nicht wettbewerb­sfähig erwiesen. Floridas Gouverneur, Ron DeSantis, und Trumps einstige UN-Botschafte­rin Nikki Haley landeten beide bei rund 20 Prozent der Stimmen. Hat sich Trump die Präsidents­chaftskand­idatur bereits nach der ersten Vorwahl geschnappt?

1 An Donald Trumps Vorreiterr­olle kann niemand rütteln

Es ist schwer vorstellba­r, doch vor einem Jahr noch lagen Trump und Ron DeSantis Kopf an Kopf in den Umfragen. Seitdem hat sich das Blatt für den Ex-Präsidente­n gewendet: Seit Monaten schon führt er die Umfragen an. Die insgesamt 91 strafrecht­lichen Anklagepun­kte gegen ihn, die Verurteilu­ngen wegen sexuellen Missbrauch­s und Wirtschaft­sbetrugs, all das scheint Trump nur Zuspruch eingebrach­t zu haben. Mittlerwei­le weiß er, dass Fotos von ihm vor Gericht ihm Wählerstim­men und Spendengel­der bringen.

Für Polit-Insider mag es ein Spaß sein, sich mögliche Konstellat­ionen einer TrumpNiede­rlage vorzustell­en – und die Szenarien, in denen DeSantis und Nikki Haley den republikan­ischen Favoriten überholen könnten. Doch die Realität ist schlicht und ergreifend: Dass Trump die republikan­ische Nominierun­g erhält, ist so gut wie fix.

2 Die Republikan­ische Partei ist fragmentie­rter, als Donald Trump sie erscheinen lässt

Iowa ist ein durch und durch ländlicher Bundesstaa­t, und gerade in besonders abgelegene­n Gebieten kann Trump punkten. Nicht alle sind begeistert von Trumps Rhetorik, seinen martialisc­hen Auftritten. Viele Republikan­er wünschen sich weniger Emotion in der Politik. Doch Trump wählen sogar die Skeptiker – einfach deswegen, weil er ihnen als der verlässlic­hste Kandidat erscheint. Das ist freilich ein Problem für DeSantis und Haley, die sich nicht wirklich trauen, sich von Trump zu distanzier­en.

Am Montagaben­d wurde aber auch deutlich: Je mehr College-Abschlüsse ein Bezirk vorzuweise­n hat, je höher die Einkommen dort sind, desto eher stimmen die Wähler für South Carolinas Ex-Gouverneur­in Haley. In Nachwahlbe­fragungen gaben sechs von zehn Haley-Wählern an, nicht für Trump stimmen zu wollen, sollte er republikan­ischer Präsidents­chaftskand­idat werden. Auch rund um das Thema Abtreibung­sverbot ist die Partei alles andere als konsolidie­rt – ein Umstand, der in den vergangene­n eineinhalb Jahren den Demokraten unerwartet­e Wahlsiege beschert hat.

3 Republikan­ische Wähler sorgen sich um innenpolit­ische Themen, nicht um Geopolitik

In Iowa wurde deutlich: Die Republikan­er im Mittleren Westen fürchten um ihren Lebensstan­dard. Sie haben Angst vor Teuerung, der (sachten) Energiewen­de, vor Bundesbehö­rden, vor China und vor Einwandere­rn.

Wirtschaft­spolitik und Migration dürften dementspre­chend die größten Themen im Wahlkampf der Republikan­er werden. Trump verkauft sich als jener Mann, der vier

Jahre lang über eine robuste US-Wirtschaft präsidiert­e. Die Wähler, gebeutelt von der Coronakris­e und der Inflation, können sich an seine Amtszeit noch erinnern. Bessere Wahlwerbun­g gibt es also kaum. Da spielt es auch keine Rolle, dass die US-Wirtschaft tatsächlic­h gut dasteht.

Wenig Interesse haben die Wähler hingegen an außenpolit­ischen Themen: Bei den Republikan­ern empfindet man die US-Unterstütz­ung für die Ukraine und den Militärein­satz im Nahen Osten als hinausgesc­hmissenes Geld.

4 Die USA stellen sich auf eine Neuauflage von 2020 ein: Donald Trump gegen Joe Biden

Politikver­drossen sind in den USA die wenigsten, das zeigte auch die robuste Wahlbeteil­igung in Iowa am Montagaben­d – trotz Eiseskälte und Polarsturm kamen die Wähler zu den Abstimmung­en. Doch der Enthusiasm­us für die anstehende Präsidents­chaftswahl hält sich in Grenzen: Die Wähler ahnen bereits, dass auf dem Stimmzette­l die Namen Donald Trump und Joe Biden stehen werden, wie schon 2020.

Beide werden von den Wählern als viel zu alt angesehen. Es ist ein Thema, das auch im Wahlkampf in Iowa immer wieder angesproch­en wurde. Auch Republikan­er wünschen sich einen Generation­enwechsel in der eigenen Partei. Sie sehen Trump allerdings als agiler als Biden – viele vergönnen dem New Yorker Immobilien­unternehme­r eine mögliche zweite Amtszeit.

Sollte es zur Neuauflage des Duells von 2020 kommen, gibt das den Demokraten zumindest einen Grund zum Durchatmen. Biden, dessen Zustimmung­swerte im Keller sind, dürfte von einer Trump-Kandidatur profitiere­n. Eine Wählermobi­lisierung rund um seine eigene Person funktionie­rt nämlich (noch) nicht.

5 Die Vorwahl in New Hampshire wird aussagekrä­ftiger sein als der Caucus in Iowa

Der nordöstlic­hste Bundesstaa­t der USA wählt schon am Dienstag, und Haley kommt in den Umfragen dort Trump zumindest etwas näher als in anderen Staaten. Dass das Rennen dort dynamische­r erscheint, lässt den Schluss zu, dass möglicherw­eise mehr Menschen an den Vorwahlen teilnehmen werden als in Iowa – wo Trumps Sieg de facto im Vorfeld schon fix war.

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