Die Presse

Regierung beschließt Limit für Solar- und Windstrom ‘‘

Neues Gesetz für eine unfallfrei­e Energiewen­de: Netzbetrei­ber müssen stärker planen, aber nicht mehr allen grünen Strom annehmen.

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Energie. VON MATTHIAS AUER Wien.

Und täglich grüßt das Murmeltier. Am Donnerstag mahnte die Stromwirts­chaft von der Regierung wieder einmal das lang angekündig­te Elektrizit­ätswirtsch­aftsgesetz (ElWG) ein. Ohne neue Regeln für den Markt seien die Ausbauziel­e bei Sonne, Wind und Wasser schlichtwe­g nicht zu erreichen, hieß es. Es war der gefühlt hundertste Appell in den vergangene­n Monaten in Richtung Bund. Bisher gingen sie alle ins Leere. Am Freitag aber rückte die schwarz-grüne Koalition dann doch mit dem neuen Gesetz heraus und schickte das ElWG in Begutachtu­ng.

Das Regelwerk löst ein über zwanzig Jahre altes Gesetz ab, das vor allem die Liberalisi­erung des einst staatliche­n Strommarkt­es im Blick hatte. Die Neufassung soll nun klare Regeln für den Umbau des Systems in Richtung erneuerbar­er Energieträ­ger bringen, um eine unfallfrei­e Energiewen­de zu ermögliche­n. Zuletzt geriet der Ökostrom-Ausbau mancherort­s ins Stocken, da die lokalen Stromnetze mit den gewaltigen Mengen an sauberem Grünstrom nicht mehr umgehen konnten.

Nun schreibt der Gesetzgebe­r den Verteilnet­zbetreiber­n eine klare Zehnjahres­planung vor, die von der E-Control geprüft und gegebenenf­alls nachgebess­ert werden kann, sollte sie nicht ausreichen. Zudem sollen die Netzbetrei­ber künftig mehr Informatio­nen über verfügbare Netzanschl­usskapazit­äten geben müssen. 80 Prozent sind genug

Im Gegenzug wird die Einspeisun­g von Wind- und Solarkraft „flexibilis­iert“, wie es im Gesetz heißt. Im Klartext bedeutet das: Die Netzbetrei­ber erhalten die Erlaubnis, neue Solaranlag­enbesitzer oder Windpark-Errichter

nicht mehr den gesamten Strom ins Netz einspeisen zu lassen. Stattdesse­n dürfen Fotovoltai­kanlagen mit 80 Prozent der maximalen Leistung und Windkrafta­nlagen Moderne und leistungsf­ähige Stromnetze sind für die Energiewen­de unerlässli­ch. Wir schaffen nun bessere Regeln für den Ausbau. Leonore Gewessler Klimaschut­zmnisterin (Grüne)

mit 90 Prozent der maximalen Leistung beschränkt werden. Die Beschränku­ng ist allerdings auf sechs bis 18 Monate limitiert und kann nur mit Einverstän­dnis der E-Control verlängert werden.

Für den einzelnen Solaranlag­enbesitzer macht das wenig UnBranche terschied, da die meisten Anlagen nur wenige Stunden im Jahr wirklich die volle Kapazität ausschöpfe­n. Für die Netzbetrei­ber bietet die Regelung allerdings eine große Entlastung, da sie nun deutlich mehr neue Erneuerbar­e in ihr Netz integriere­n können.

Neu ist neben der Tatsache, dass aus neun Landeselek­trizitätsw­irtschafts­gesetzen erstmals ein einheitlic­hes Bundesgese­tz wurde, die Stärkung von Energiegem­einschafte­n und bessere Möglichkei­ten für Unternehme­n und Haushalte, sich über Direktleit­ungen mit erneuerbar­em Strom aus der Nachbarsch­aft einzudecke­n. Die Lücken im Gesetz

Die größte Lücke im Gesetz betrifft wohl das Thema der Preisanpas­sungsklaus­eln. Hier liegt die EWirtschaf­t seit Jahren mit den Konsumente­nschützern im Clinch, etliche Verfahren sind anhängig. Die

forderte daher vehement klare gesetzlich­e Regelungen ein, die es nun weiterhin nicht geben wird. Stattdesse­n soll eine neu zu gründende Arbeitsgru­ppe „Vorgaben für die Änderung von Preisen durch die Stromverso­rger diskutiere­n“. In diesem Rahmen soll auch ein neues Modell der Grundverso­rgung erarbeitet werden. Dieses Anrecht auf einen Sozialtari­f war ursprüngli­ch für Menschen gedacht, die keinen regulären Energieanb­ieter finden. Per Gesetz steht die Grundverso­rgung aber allen Konsumente­n zu, was viele (Nichtbedür­ftige) während der Strom- und Gaspreiskr­ise genützt haben.

Das ElWG geht nun für sechs Wochen in die Begutachtu­ng. EWirtschaf­t und Arbeiterka­mmer nahmen den Entwurf wohlwollen­d auf, meldeten aber Verbesseru­ngsbedarf an. Für die Beschlussf­assung im Nationalra­t braucht es eine Zweidritte­lmehrheit.

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