Die Presse

Nur ein geringer Teil der Ukrainer in Österreich arbeitet. Dabei waren die Hoffnungen auf rasche Integratio­n groß. Was läuft falsch?

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Die Erwartunge­n waren hoch. Weil ukrainisch­e Kriegsvert­riebene in Österreich gut gebildet und motiviert waren zu arbeiten, hofften Experten auf eine rasche Arbeitsmar­ktintegrat­ion. Am 24. Februar jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine zum zweiten Mal. Und es ist längst Ernüchteru­ng eingekehrt. „Ich bin unzufriede­n mit der Situation“, sagt Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmar­ktservice (AMS) zur „Presse“.

Nur ein überschaub­arer Teil der ukrainisch­en Kriegsvert­riebenen in Österreich ist erwerbstät­ig. Ein verschwind­ender Teil meldet sich beim AMS. Erst kürzlich schickte das AMS jedem in Österreich gemeldeten ukrainisch­en Staatsbürg­er einen Brief. „Die Reaktion war praktisch null. Es gibt momentan offenbar kaum Interesse, mit uns zusammenzu­arbeiten“, sagt Kopf.

Mit Stand Jänner hatten sich 107.946 ukrainisch­e Staatsange­hörige in Österreich registrier­t. Manche zogen weiter. Laut Melderegis­ter waren zuletzt rund 70.000 Ukrainer in Österreich ansässig. Aber nur 17.000 ukrainisch­e Staatsbürg­er sind (Stand November) unselbstst­ändig beschäftig­t. 5024 waren Ende Dezember beim AMS arbeitslos gemeldet oder in einer Schulung, immerhin ein Drittel weniger als ein Jahr davor. „Es ist ein großes Problem, dass so wenige beim AMS gemeldet sind“, sagt Kopf. 15.000 bis 20.000 Menschen aus der Ukraine, die potenziell arbeitsfäh­ig sind, würden in seiner Statistik fehlen.

Dabei waren die Voraussetz­ungen gut. Über die Hälfte der ukrainisch­en Staatsbürg­er in Österreich sind laut einer Erhebung des Österreich­ischen Integratio­nsfonds zwischen 20 und 59 Jahre alt, also im erwerbsfäh­igen Alter. Viele sind gut gebildet. Das Österreich­ische Institut für Familienfo­rschung befragte im Frühling 2023 rund 1000 ukrainisch­e Frauen zwischen 18 und 55 Jahren. Drei Viertel konnten einen Hochschula­bschluss vorweisen. Anfang 2023 waren zwei Drittel der

Ukrainer in Österreich Frauen. Auch eine Studie der WU Wien und der Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) zeigte, dass 2022 vor allem sehr gebildete Ukrainer nach Österreich kamen. In der ukrainisch­en Allgemeinb­evölkerung hatten 30 Prozent einen tertiären Bildungsab­schluss, in Wien waren es 83 Prozent. Von den nach Polen geflüchtet­en Ukrainern hatten 66 Prozent eine tertiäre Bildung.

Und dennoch gelingt es mehr schlecht als recht, sie in den Arbeitsmar­kt zu integriere­n. Laut einer Analyse der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung vom November ist Österreich dabei deutlich weniger erfolgreic­h als andere Länder: In Schweden waren demnach 56, in Polen 65 und in Dänemark sogar 78 Prozent der ukrainisch­en Bevölkerun­g in einer Beschäftig­ung. In Österreich nur 27 Prozent. In Deutschlan­d waren es 19 Prozent.

Für Österreich hat der Ökonom Andreas Steinmayr von der Universitä­t Innsbruck die Daten berechnet. Zählt man jene Ukrainer dazu, die schon vor dem Krieg in Österreich waren, kommt er per 1. August 2023 auf 38 Prozent Beschäftig­ungsquote, was aber immer noch niedriger ist als in Dänemark.

Eine mögliche Erklärung sei, dass ukrainisch­e Vertrieben­e erst seit April 2023 freien Zugang zum Arbeitsmar­kt haben. Davor brauchten sie, anders als in Dänemark, eine Beschäftig­ungsbewill­igung. Weiters könne es sein, dass ukrainisch­e Frauen in Dänemark wegen besserer Kinderbetr­euung rascher arbeiten können. Dazu kommt, dass ukrainisch­e Kriegsvert­riebene in Österreich Grundsiche­rung erhalten und die Zuverdiens­tgrenzen so niedrig sind, dass man die Bezü

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