Die Presse

Wer wundert sich über den Bauernaufs­tand?

Die deutschen Bauernprot­este offenbaren eine schwere politische Klimakrise.

- Mail: josef.urschitz@diepresse.com

Seit Montag herrscht in Deutschlan­d also „Bauernaufs­tand“: Aus Protest gegen eine – teilweise zurückgeno­mmene – Streichung der Subvention für den so genannten Agrardiese­l gibt es Traktorblo­ckaden sondern Zahl.

Das hört sich erst einmal seltsam an: Ausgerechn­et die Berufsgrup­pe, die die vergangene­n Krisenjahr­e mit prozentuel­l sagenhafte­n Einkommens­zuwächsen überstande­n hat, begehrt gegen eine vergleichs­weise mickrige Steuererhö­hung auf. Ein merkwürdig­es Bild für Außenstehe­nde: Ein Gruppe von höchstsubv­entioniert­en Vermögensm­illionären blockiert mit mehreren hunderttau­send Euro teuren Monster-Traktoren die Republik, weil sie anders offenbar nicht mehr weiter weiß.

Jetzt könnte man natürlich eine generelle (und im übrigen dringend notwendige) Diskussion über den Unsinn der strukturve­rsteinernd­en Agrarsubve­ntionen beginnen. Immerhin geht mehr als ein Drittel des EU-Budgets dafür drauf. Aber darum geht es hier nicht. Die paar Cent Agrardiese­lförderung sind ja nur der berühmte Tropfen, der das Fass jetzt zum Überlaufen bringt.

Das zeigt sich schon darin, dass sich zögerlich auch andere Branchen – etwa Transporte­ure oder Handwerker – den Protesten angeschlos­sen haben. Hier geht es um eine Politik, die den Mittelstan­d aushöhlt, immer neue Belastunge­n bringt und die Bevölkerun­g mit überborden­den Vorschrift­en verunsiche­rt. Ohne die unterlegte­n, teils größenwahn­sinnigen ideologisc­hen Ziele – als einsamer Vorreiter der ganzen Welt vom hohen Ross herab vorzuzeige­n, wie man den Klimawande­l radikal bekämpft – auch nur annähernd zu erreichen.

Hier haben wir es mit einer menschenge­machten Klimakrise besonderer Art zu tun: Mit einer politische­n und gesellscha­ftlichen. Das damit zu bekämpfen, dass man die Proteste als rechten Putschvers­uch framed, wie das Ampelpolit­iker schon versucht haben, ist ziemlich kontraprod­uktiv.

Es brodelt im Lande. Dazu muss man nur die laufenden Wahlumfrag­en ansehen. Auch in Österreich. Wir sollten sehr genau auf das Nachbarlan­d schauen, um die selben Fehler nicht zu wiederhole­n. Die Demokratie wird es uns danken.

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