Schulden werden wieder billiger
An den Finanzmärkten sind die Renditen für Staatsanleihen in den vergangenen Monaten deutlich gesunken. Das zeigte sich auch bei der ersten Auktion Österreichs am Dienstag.
Die Finanzmärkte wird in diesem Jahr vor allem ein Thema beschäftigen: Wann und in welchem Ausmaß die Zentralbanken die Zinsen senken werden. So genau weiß das aus heutiger Sicht freilich noch niemand, was allerdings nichts an der Erwartungshaltung der Märkte ändert. Diese gehen für die Eurozone bereits im April von einem ersten Zinsschritt nach unten aus.
Zwar hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit der Bekämpfung der Inflation in den vergangenen Monaten durchaus Fortschritte erzielt. Doch zog die Teuerung in der Eurozone im Dezember wieder auf 2,9 Prozent an. Die Zinssenkungsfantasien dürften damit vermutlich etwas zu „bullish“sein, wie es an den Kapitalmärkten so schön heißt. Denn mit einer Inflationsrate auf diesem Niveau ist die Notenbank in Frankfurt noch deutlich von ihrem Zwei-Prozent-Ziel entfernt. Und auch innerhalb der EZB versuchte man zuletzt mit Wortspenden, die Hoffnungen der internationalen Investoren zu dämpfen – um nicht für allzu große Enttäuschungen zu sorgen.
Sollten die Zinsen in den kommenden Monaten jedoch tatsächlich sinken, hat das freilich auch Auswirkungen auf die Staatshaushalte der Mitgliedsländer, die sich traditionell über die Finanzmärkte refinanzieren. Das hohe Zinsniveau sorgte im abgelaufenen Jahr für steigende Renditen an den Staatsanleihenmärkten. Diese schossen quer durch die Bank in die Höhe und erreichten ein Level, das es in der westlichen Hemisphäre teils seit über 15 Jahren nicht gab.
Zinsplafond wohl erreicht
So kletterte beispielsweise nicht nur die Rendite zehnjähriger USAnleihen auf rund fünf Prozent, auch die Rendite zehnjähriger österreichische Bundesanleihen stieg 2023 auf etwa 3,6 Prozent. Damit war sie so hoch wie seit 2010/2011 nicht mehr. 2021 erreichte die durchschnittliche Rendite dagegen noch minus 0,34 Prozent. Wenn die Renditen von Anleihen steigen, dann sinken ihre Kurse (und umgekehrt). Durch die nun entfachten Zinssenkungsfantasien hat das Interesse an Staatsanleihen zuletzt wieder zugenommen. Die Profis wollen sich die noch hohen Zinsen sichern und steigen deshalb in den Markt ein.
In diesem Umfeld hat die Republik am Dienstag erstmals im neuen Jahr wieder den Finanzmarkt betreten. Konkret stockte sie zwei Anleihen, eine zehnjährige und eine 30-jährige, auf. Die Rendite für das zehnjährige Papier lag bei rund 2,7 Prozent und damit unter dem Schnitt der vergangenen zwölf Monate (knapp über drei Prozent laut Daten der Agentur Bloomberg). Die Nachfrage war ebenfalls gut, die Bonds zweifach überzeichnet.
Für Österreichs Finanzminister, Magnus Brunner (ÖVP), könnten das durchaus gute Nachrichten sein. Denn das Schuldenmachen würde somit billiger – wenn die Lage an den Finanzmärkten denn so bleibt wie jetzt. Bei der Oesterreichischen Bundesfinanzierungsagentur
(OeBFA), die sich hierzulande um das Managen der heimischen Staatsschulden kümmert, geht man davon aus, dass man den Zinsplafond erreicht hat, wie OeBFA-Chef Markus Stix zur „Presse“sagt. „Zinserhöhungen wird man wahrscheinlich keine mehr sehen.“
EZB normalisiert Bilanz
In absoluten Zahlen betrachtet werden die Zinsausgaben für den heimischen Staat den Prognosen zufolge zwar weiter steigen, und zwar von 4,2 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf 7,1 Mrd. Euro im laufenden Jahr. Aber vielleicht wird der Anstieg nicht so stark ausfallen, wie zunächst befürchtet. Denn die Prognosen wurden 2023 zu einem Zeitpunkt erstellt, als das Renditeniveau noch deutlich über dem aktuellen lag.
Eines wird heuer ebenfalls passieren: Die EZB wird sich als Käufer von den Staatsanleihenmärkten zunehmend zurückziehen. Noch ist sie aber „ein großer Investor“, so Stix. Dass die Zentralbank künftig ein Loch hinterlässt, muss man aber vermutlich nicht befürchten. Denn das höhere nominelle Zinsniveau hilft, Investoren zurückzugewinnen, die Staatsanleihen früher gemieden haben. Der Republik spielt außerdem in die Hände, dass sie im Frühjahr 2022 erstmals grüne Anleihen begeben hat, auch kurzfristige. Das weckte vor allem das Interesse großer Konzerne, die einerseits auf viel Kapital sitzen und andererseits darauf achten müssen, nachhaltiger zu sein.
Unterm Strich wird die Republik heuer bis zu 78 Milliarden Euro an den Finanzmärkten aufnehmen (und damit etwas weniger als 2023). Rund 45 bis 50 Milliarden Euro davon über das Instrument der Bundesanleihen (2023: 50,3 Milliarden Euro). Das Refinanzierungsniveau liegt deutlich über den Vor-Corona-Werten. 2019 wurden noch 20,1 Milliarden Euro über Bundesanleihen finanziert. Per Ende November 2023 lag die Finanzschuld der Republik Österreich bei 282,4 Milliarden Euro.