Die Presse

Kalte Nächte und ein Heizrekord in Wien

Die frostigen Nächte sorgen in Wien für einen Heizrekord und (fast) volle Notquartie­re für obdachlose Menschen. Kommende Woche könnte der tiefe Winter aber vorbei sein.

- VON MIRJAM MARITS

Wien. Hannelore mag es sonnig, aber sehr kalt. Das gleichnami­ge Hoch sorgt auch dafür, dass die Wienerinne­n und Wiener deutlich mehr heizen (müssen) als sonst.

Am Dienstag, dem bisher kältesten Tag des Jahres, verzeichne­te Wien Energie einen Heizrekord: „Seit Februar 2021 wurde in Wien nicht mehr so viel Fernwärme benötigt“wie an diesem Dienstag, heißt es. Bei minus neun Grad Außentempe­ratur um acht Uhr Früh lag die sogenannte Fernwärmel­eistungssp­itze bei rund 2.000 Megawatt. „Zum Vergleich: An einem durchschni­ttlichen Wintertag liegt die Wärmeleist­ungsspitze in Wien bei 1.600 Megawatt.“

Immerhin: Die Kälte wird in fast ganz Österreich von viel Sonnensche­in begleitet: Ruhige Wintertage stehen bevor, „kein Wind, kein Schnee sind in Sicht“, sagt Meteorolog­e Konstantin Brandes von Ubimet. „Im Großen und Ganzen bleibt es winterlich kalt“, wobei die Temperatur­en nach und nach langsam etwas steigen, schon am Mittwoch könnten sich im Flachland nach einigen wenigen Eistagen (an denen die Temperatur nie über null Grad steigt) tagsüber „wieder zarte Plusgrade“ausgehen.

Auch in Wien, wo die vergangene­n Nächte (etwa jene auf Mittwoch mit bis zu minus 10 Grad) „schon etwas kälter als gewöhnlich verlaufen sind“, wie Brandes sagt. In einem durchschni­ttlichen Jänner sind im östlichen Flachland und damit auch in Wien Temperatur­en von minus drei bis plus drei Grad normal. Der Wochenbegi­nn lag also etwas darunter, was sich aber schon am Mittwoch mit leichten Plusgraden ändern dürfte: Damit gab es bisher nur zwei Eistage (plus einen im Dezember), was immer noch unterdurch­schnittlic­h ist: Üblich sind im Jänner in Wien sechs bis acht Eistage.

Die Kälte stellt für obdachlose Menschen natürlich vor große Herausford­erungen, die Notschlafs­tellen und Winterquar­tiere der Stadt sind derzeit zu 90 Prozent ausgelaste­t, heißt es beim Fonds

Soziales Wien (FSW). Damit sicher niemand weggewiese­n werden muss, wurden kurzerhand Anfang der Woche weitere 30 Notschlafp­lätze geschaffen.

5800 Anrufe beim Kältetelef­on

Die Streetwork­er sind derzeit intensiv im Einsatz, der Kältebus der Caritas etwas ist mit zwei bis drei Teams unterwegs, versorgt obdachlose Menschen mit heißem Kaffee, Tee und Suppe und bringt sie in eines der Winterquar­tiere. Oder verteilt winterfest­e Schlafsäck­e – denn es gibt auch einige wohnungslo­se Menschen, die sich weigern, mit in ein warmes Quartier zu kommen.

Angewiesen sind die Sozialeinr­ichtungen dabei auch auf die Hilfe von Passanten, die via Gratis-Kälteapp des FSW oder beim Kältetelef­on der Caritas (01/480 45 53) melden, wenn sie obdachlose Menschen in der Kälte sehen. Dies werde „glückliche­rweise sehr genutzt“, sagt Susanne Peter, Teamleiter­in von Kältetelef­on und WinterStre­etwork bei der Caritas Wien. Seit November sind mehr als 5800

Anrufe eingegange­n, allein am vergangene­n Montag waren es rund 200 Anrufe.

An kalten Tagen wie derzeit wurde daher auch das Team der freiwillig­en Helfer am Kältetelef­on aufgestock­t. Die Zusammenar­beit mit Passantinn­en und Passanten, die „hinschauen und nicht wegschauen“sei wichtig: Am Telefon wird nicht nur abgeklärt, wo sich die wohnungslo­sen Menschen befinden, sondern auch, wie dringend sie Hilfe brauchen. „Bei diesen Temperatur­en kann es sehr rasch gehen, dass jemand wirklich sehr gefährdet ist“, sagt Peter.

Die Situation könnte sich nächste Woche entspannen: Zwar dürfte Österreich am Montag eine Kaltfront mit etwas Schneefall erreichen, danach könnte es deutlich wärmer werden: Eine „markante Luftmassen­grenze“, so Brandes, ziehe sich über Europa: Nördlich dominiert eine Kaltfront, südlich warme Luft. Derzeit sieht es eher so, dass Österreich auf der warmen Seite liegen wird, womit Temperatur­en bis 15 Grad denkbar sind.

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